«Vampirismus ist unter den Jungen ein Trend»
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Experte erklärt Sektengruppen:«Vampirismus ist unter den Jungen ein Trend»

Sektenland Schweiz
Den grossen Sekten laufen die Mitglieder davon

Uriella (†90) ist tot. Ob die Sekte Fiat Lux ohne ihre Heilsfigur weiterleben kann, steht in den Sternen. Dennoch bleibt die Schweiz ein fruchtbarer Boden für Sekten.
Publiziert: 26.02.2019 um 23:02 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2019 um 13:23 Uhr
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David Miscavige, Leader der Scientology-Kirche, spricht 2015 während der Eröffnungsfeierlichkeiten der Scientology Kirche in Basel.
Danny Schlumpf, Rachel Hämmerli

Die Zeugen Jehovas haben ein Problem. Und den Mormomen, Raelianern und der Scientology ergeht es ebenso. Ihnen allen laufen die Mitglieder davon. Weil denen nicht mehr geboten wird, was sie suchen: individuelle Spiritualität. Immer mehr Menschen verabschieden sich von der Sinnsuche in der Grossgemeinschaft und wenden sich alternativen Angeboten auf dem Religionsmarkt zu. Damit leiden die grossen Sekten plötzlich unter demselben Trend wie die Kirchen, bestätigt Georg Otto Schmid (52) von der Sekten-Informationsstelle Relinfo.ch.

Doch die Schweiz bleibt ein Sektenland. Die Zahl der Sektenmitglieder bleibt stabil bei rund 100'000 Jüngern. Im europäischen Vergleich ist das hoch. Allerdings sammeln die Sektierer sich in immer kleineren Gruppierungen – über tausend Gemeinschaften gibt es mittlerweile. Sie bestehen manchmal aus 100 Mitgliedern, oft aber auch nur aus 20 oder 10. Auch inhaltlich haben sie sich dem Zeitgeist angepasst: «Heilsversprechen, Lebensverbesserung und die Hoffnung auf ewiges Leben sind im Trend», sagt Sektenforscher Schmid. Und dieser Trend treibt seltsame Blüten.

Vampiristen, Esoteriker und Neugermanen

Ewiges Leben erhofft sich zum Beispiel die wachsende Anhängerzahl des Vampirismus. Während einige von ihnen sich mit magischen Ritualen begnügen, versuchen die sogenannten Energie-Vampire die Lebensenergie aus anderen Menschen zu saugen. Sanguinisten trinken sogar Tierblut, um damit für immer jung zu bleiben.

Da wirken kabbalistische Gruppierungen, ebenfalls auf der Suche nach immerwährender Jugend, geradezu harmlos. Auch sie sind en vogue, nicht zuletzt dank prominenter Hollywood-Grössen. Die Kabbala, also die Mystik des Judentums, gehört zu den esoterischen Strömungen, die auch in der Schweiz regen Zulauf finden. Besonders beliebt in dieser Szene sind Gruppierungen, die die Heilung von körperlichen Krankheiten versprechen und Meditation als Königsweg zum ewigen Glück anpreisen.

Damit können die Neugermanen wenig anfangen. Sie geben sich hart und männlich, huldigen nordischen Göttern wie Thor und Odin und verbreiten gleichzeitig neonazistisches Gedankengut. Vor allem bei jungen Männern stossen sie auf Interesse. Genauso wie die russisch-nationalistische Anastasia-Bewegung, die Naturreligion und Esoterik mit rechtsextremer Ideologie kombiniert. Sie steht mit den Neugermanen in regem Kontakt. Das rechte Gedankengut verbindet die beiden Strömungen.

Anhänger verliert hingegen der Satanismus, der vor wenigen Jahren noch in Mode war. Wer früher dem Teufel gehuldigt hat, wendet sich heute Voodoo- und Hexensekten zu. Wie überhaupt alles Anklang findet, was mit Magie und Zauberei zu tun hat.

Vampirismus, Esoterik oder Magie mögen skurril klingen. Harmlos sind sie nicht. Aber ganz gleich, um welche Gruppierung es geht: Es muss schnell gehen mit dem Seelenheil. Was nämlich überhaupt nicht gut ankommt, so Sektenforscher Schmid, ist alles, was Zeit in Anspruch nimmt und nach langem, entbehrungsreichem Weg aussieht. Entsprechende Express-Angebote gibt es genug.

Die Schweiz ist für Sekten ein Standort. Denn: «In der Schweiz darf man schon seit 1848 solche Gruppierungen gründen. Und wo bereits etwas besteht, lässt sich wiederum leichter Neues gründen», sagt Schmid. Ausserdem würden Sekten einen gewissen Wohlstand voraussetzen. «Es braucht Leute, die sie finanziell tragen können.» Und auch davon gibt es in der Schweiz genug.

So machen Sie den Sekten-Test

Aber es ist nicht nur Geld, das Sektenmitglieder an ihre Gurus abgeben – sondern ihre unabhängige Perspektive. Denn was Sekten jeder Grösse und Schattierung verbindet, ist der absolute Wahrheitsanspruch. Zwar behaupten auch die Kirchen, den Weg zum ewigen Heil zu kennen. Doch heutzutage lassen sie zumindest die Möglichkeit offen, dass es Erlösung auch ausserhalb ihrer Gemeinde geben kann. Hauptsache, so viele Schäfchen wie möglich bleiben unter ihrem Dach versammelt.

Sekten funktionieren umgekehrt: Sie definieren sich durch Ausschluss. Nur wer für geeignet befunden wird, darf sich dem Kreis der Auserwählten anschliessen. Und begibt sich damit in ein geschlossenes hierarchisches System, an dessen Spitze eine Heilsfigur steht, deren gottgleiche Autorität unantastbar ist. Alternative Wege, abweichende Meinungen oder Kritik werden nicht geduldet. «So machen Sie den Sekten-Test», rät darum Sektenexperte Schmid: «Fragen Sie Mitglieder einer Bewegung, ob es unterschiedliche Auffassungen gebe, ob auch Meinungen diskutiert würden, die von denjenigen der Führung abweichen. Wenn da nichts kommt, können Sie ziemlich sicher sein, dass Sie es mit einer Sekte zu tun haben.»

Der Austritt aus einer Sekte ist in deren Statuten nicht vorgesehen. Wer’s trotzdem tut, braucht Nerven aus Stahl, muss Freunde, nicht selten Familienangehörige hinter sich lassen, denen jeder Kontakt zum Abtrünnigen verboten ist. Die Mitglieder werden von den Sektenführern streng kontrolliert und überwacht. Und gegen aussen rigoros abgeschottet. Was sie dafür kriegen: das Versprechen, zu den Geretteten zu gehören und die letzte Wahrheit zu kennen.

Sekten in der Schweiz

Die Zeugen Jehovas

Laut Jehovas Zeugen naht der Weltuntergang. Und gemäss der Sekte werden nur Mitglieder das Inferno überleben. Gelebt wird streng nach den Regeln der Bibel, unter dem Schirm Jehovas, also Gott, dessen Wort in die Welt getragen werden soll. Neben der Missionierung von Nicht-Gläubigen wird durch Hochzeit innerhalb der Gemeinschaft für Nachwuchs gesorgt. Geschätzte Mitgliederzahl in der Schweiz: 19'000.

Scientology

Sie nennen sich Kirche, verstehen sich aber als angewandte Philosophie und zielen auf die Optimierung des Menschen ab. In der Schweiz zählt die Lehre nach eigenen Angaben rund 300 Anhänger und rund 5000 «Anwender». Jeder Mensch wird als von Traumata belastet verstanden, von denen ihn nur Scientology-Techniken befreien und «clear» machen können. Die Beiträge an die Sekte sind kostspielig. Dafür winken dann aber übermenschliche Kräfte – glauben ihre Anhänger.

Die Mormonen

In dieser christlichen Sekte lebt man nach den Regeln der Bibel, ergänzt durch das Buch Mormon: die Offenbarungen ihres Propheten Joseph Smith (1805–44), der die biblische Geschichte und die daraus folgenden Lehren nach seinen Vorstellungen auslegte. Die Mormonen zelebrieren Askese, heiraten bevorzugt innerhalb der Gemeinde und müssen zehn Prozent ihres Einkommens der Sekte abgeben. In der Schweiz gibt es 7000 bis 8000 Mormonen.

Die Rael-Bewegung

Laut Rael, dem Propheten der Raelisten, wurde die Welt durch ausserirdische Intelligenz erschaffen. Darum halten die Mitglieder fleissig Ausschau nach Ufos. Durch Klonen wollen sie eine unsterbliche, intelligente Elite erschaffen – im Zeichen ihres politischen Prinzips, der «Geniokratie», wonach nur Menschen mit einem hohen IQ regieren dürfen. Geschätzte Mitglieder: 1000 in der Romandie, 100 in der Deutschschweiz.

Neue Bewegungen

Esoterische Gruppierungen, die durch verschiedene Methoden Allmachtsfantasien wie ewiges Leben oder Heilung von Krankheiten propagieren, erleben starken Zuwachs. Das Medium Christina von Dreien füllt ganze Hallen mit ihrer «Gabe». Doch es gibt auch weit gefährlichere Gruppen: Die Neugermanen organisieren sich in Kameradschaften und Clans. Kamerad kann nur werden, wer germanischer Abstammung ist. Vampir-Sekten sehen sich als Teil einer übernatürlichen Gemeinschaft, von der Gesellschaft abgeschottet. Anhänger schwören auf ewige Jugend und Unsterblichkeit. Damit versuchen sie vor allem, Jugendliche zu erreichen. Eine Mitgliederzahl dieser neuen Gruppierungen lässt sich schwer schätzen.

Die Zeugen Jehovas

Laut Jehovas Zeugen naht der Weltuntergang. Und gemäss der Sekte werden nur Mitglieder das Inferno überleben. Gelebt wird streng nach den Regeln der Bibel, unter dem Schirm Jehovas, also Gott, dessen Wort in die Welt getragen werden soll. Neben der Missionierung von Nicht-Gläubigen wird durch Hochzeit innerhalb der Gemeinschaft für Nachwuchs gesorgt. Geschätzte Mitgliederzahl in der Schweiz: 19'000.

Scientology

Sie nennen sich Kirche, verstehen sich aber als angewandte Philosophie und zielen auf die Optimierung des Menschen ab. In der Schweiz zählt die Lehre nach eigenen Angaben rund 300 Anhänger und rund 5000 «Anwender». Jeder Mensch wird als von Traumata belastet verstanden, von denen ihn nur Scientology-Techniken befreien und «clear» machen können. Die Beiträge an die Sekte sind kostspielig. Dafür winken dann aber übermenschliche Kräfte – glauben ihre Anhänger.

Die Mormonen

In dieser christlichen Sekte lebt man nach den Regeln der Bibel, ergänzt durch das Buch Mormon: die Offenbarungen ihres Propheten Joseph Smith (1805–44), der die biblische Geschichte und die daraus folgenden Lehren nach seinen Vorstellungen auslegte. Die Mormonen zelebrieren Askese, heiraten bevorzugt innerhalb der Gemeinde und müssen zehn Prozent ihres Einkommens der Sekte abgeben. In der Schweiz gibt es 7000 bis 8000 Mormonen.

Die Rael-Bewegung

Laut Rael, dem Propheten der Raelisten, wurde die Welt durch ausserirdische Intelligenz erschaffen. Darum halten die Mitglieder fleissig Ausschau nach Ufos. Durch Klonen wollen sie eine unsterbliche, intelligente Elite erschaffen – im Zeichen ihres politischen Prinzips, der «Geniokratie», wonach nur Menschen mit einem hohen IQ regieren dürfen. Geschätzte Mitglieder: 1000 in der Romandie, 100 in der Deutschschweiz.

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Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.
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