BLICK: Herr Spielmann, was halten Sie davon, dass in Ihrem Spital eine Pflegerin das Haus eines Patienten geerbt und sofort zu Geld gemacht hat? Die beiden hatten sich, wenn auch in einem anderen Spital, als Patient und Pflegerin kennengelernt.
Matthias Spielmann: Das Testament wurde im April 2012 notariell beglaubigt, als Frau L. noch nicht im GZO Spital Wetzikon angestellt war. In der Schweiz gilt die Eigentumsfreiheit.
Kommt da in der Spitalleitung nicht der Verdacht auf, dass es sich um Erbschleicherei handeln könnte?
Sicher nicht. Wir haben damals, nachdem uns Frau L. über die Erbschaft informiert hat, sorgfältige Abklärungen vorgenommen. Einerseits über den Sachverhalt wie den Ablauf, die Entwicklung der Freundschaft, das Angestelltenverhältnis bei der früheren Arbeitgeberin und bei uns sowie den Tatbestand rechtlicher Natur bei der Anwaltskanzlei, die uns berät.
Es hatte bereits zuvor Vorwürfe von Lebenspartnerinnen von Patienten gegeben, dass sich Frau L. an ihre Patienten «rangeschmissen» habe.
Es gab Krisengespräche. In der Abteilung war ein Teamcoaching nötig. Das hatte aber nichts mit dem Testament, sondern mit der Führung der Abteilung zu tun. Die damalige Pflegeleiterin hat das GZO Spital Wetzikon dann verlassen. Sie sprechen mit dieser Frage eine ganz andere Problematik an.
B. L. wurde sogar nach dem Tod des Patienten – also nachdem Sie bereits von der Erbschaft gewusst hatten – zur Pflegeleiterin befördert. Wie erklären Sie das?
Nach dem Weggang der damaligen Leiterin war der Posten der Gruppenleiterin neu zu besetzen. Das Spital GZO hat diesen Posten mit der Person besetzt, die über die nötigen Qualifikationen verfügte und die für diese Aufgabe geeignet war.
Das Reglement verbietet die Annahme von Geschenken in dieser Dimension. Wieso machte das Spital in diesem Fall eine Ausnahme?
Weil es sich gemäss unseren Abklärungen um eine vorbestehende und überwiegend private langjährige Beziehung zwischen Erblasser und unserer Angestellten gehandelt hat. Damit greift das Reglement, das den Grundsatz regelt, nur zum Teil. Umgekehrt: Darf ein Patient, der eine Person im Testament bedacht hat, nicht in das Spital eintreten, in der seine Erbin arbeitet?
Wie erklären Sie sich, dass das Spital nicht auf das Vorgehen der Pflegerin reagiert hat?
Das GZO Spital Wetzikon hat reagiert: Wir haben den Sachverhalt und die juristischen Fragen abgeklärt, beziehungsweise abklären lassen.
Was sagen Sie zur Kritik der Pflegeverbände, dass eine solche Erbschaft grosse Risiken birgt, zum Beispiel, dass reiche Patienten bevorzugt würden?
Wir sind auch der Meinung, dass eine Erbschaft im Pflegeverhältnis heikel ist. Deshalb haben wir umfangreiche Abklärungen betreffend Sachverhalt und juristischer Einschätzung getroffen. Die Erstellung des Testaments fand wie bereits erwähnt 2012 statt. Das Testament ist notariell beglaubigt. Der Patient starb nicht in der Abteilung der erbbegünstigten Pflegerin.
Was wird das Spital machen, um solch einen Skandal in Zukunft zu verhindern?
Das ist kein Skandal. Nach heutigem Wissensstand sind wir der Ansicht, dass wir das Nötige vorgenommen haben. Wir haben im Moment keine Hinweise darauf, dass wir anders hätten handeln sollen.
Steht B. L. nun unter genauerer Beobachtung?
Alle unsere Ärzte und Pflegenden sind zum Wohle der Patienten den vorgesetzten Personen zur Rechenschaft verpflichtet. Frau L. wird da weder ausgenommen noch schärfer behandelt.