Die beteiligten Forscher und Behördenmitglieder zeigten sich an einer Medienkonferenz vom Freitag in Rorschach sehr zufrieden. «Die hohe Qualität und Stimmigkeit der Daten haben unsere Erwartungen weit übertroffen», sagte Projektkoordinator Martin Wessels vom Institut für Seenforschung in Langenargen D.
Vom detailgenauen 3D-Modell des Sees und der Ufer erwarten die Fachleute Erkenntnisse für den Gewässerschutz, den Natur- und Denkmalschutz, den Tourismus, den Gewässerunterhalt und die Gefahrenabwehr. Als aktuelles Beispiel wurde das neue Fischereizentrum in Steinach SG genannt.
Für die hochauflösende Kartierung des Seebodens setzten die Wissenschaftler ein Fächer-Echolot der Universität Bern in Kombination mit einem Laserscanner ein. Um die Messungen durchzuführen, kamen das Forschungsschiff «Kormoran» und ein Flugzeug zum Einsatz.
Die Auswertung der riesigen Datenmengen brachte einige Überraschungen: So fanden die Forscher heraus, dass der Bodensee an seiner tiefsten Stelle «nur» 251 Meter tief ist und nicht 253,5 Meter, wie die letzte Messung aus dem Jahr 1990 ergeben hatte. Die Differenz liege in der heutigen höheren Messgenauigkeit, erklärte Wessels.
Entlang des Schweizer Ufers zwischen Romanshorn TG und Güttingen TG stiess das «Tiefenschärfe»-Team auf bisher unbekannte runde Erhebungen im Seeboden von einem bis zwei Metern Höhe und bis zu 30 Metern Durchmesser. Man könne bisher nur spekulieren, was dies sei, sagte Wessels.
Aufgrund ihrer Anordnung in regelmässigen Abständen von rund 100 Metern seien die Strukturen nicht natürlich, sondern künstlich entstanden. Taucharchäologen sollen die rätselhaften Erhebungen in einer Tiefe von 5 bis 7 Metern jetzt erforschen.
Vor allem aber habe der «unerwartete Formenreichtum des Seesbodens» die Forscher begeistert, hiess es bei der Präsentation des Projekts. Die Kartierung zeige Canyons und Hügel, Unterwasserdünen, Flussläufe und Hangrutschungen - alles in der Tiefe des Sees.
Von der genauen Analyse dieser Phänomene erhoffen sich die Fachleute Hinweise auf Jahrtausende alte seismische Aktivitäten oder die Wahrscheinlichkeit neuer unterseeischer Rutschungen. Bereits wurden zwei Anschluss-Forschungsprojekte angestossen. So sollen etwa Grundwasser-Zutritte im Seeboden erforscht werden.
Den Auftrag zum Projekt «Tiefenschärfe» gab die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB). Finanziert wurde das 612'000 Euro teure Projekt auch mit EU-Geldern. Die Daten und Ergebnisse sollen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sagte der Vorsitzende der IGKB, Elmar Zech.
Laut Flavio Anselmetti von der Universität Bern, der bei «Tiefenschärfe» mitwirkte, werden weitere Schweizer Seen nach der neuen Methode vermessen. Derzeit seien es der Zuger-, der Ägeri- und der Bielersee; später soll der Genfersee folgen.
www.tiefenschaerfe-bodensee.info
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