Schwere Vorwürfe gegen Neue Zürcher Bank
Sie machten aus Amerikanern Schweizer

Ein Banker und ein Anwalt von der Zürcher Goldküste sollen US-Steuerbetrügern nach allen Regeln der Kunst geholfen haben. Jetzt drohen ihnen fünf Jahre Haft.
Publiziert: 23.08.2009 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:28 Uhr
Von Peter Hossli

Ein Kasino in Las Vegas (USA): Der Zolliker Anwalt Matthias Rickenbach (42) und der Geschäftsmann John McCarthy genehmigen sich ein paar Drinks. Dann kommen sie zum Geschäft. Rickenbach schlägt dem Amerikaner vor, sein Vermögen in Tarnfirmen anzulegen. Das bringe höhere Renditen, und der US-Fiskus finde das Geld nie. McCarthy stieg auf den Deal ein.

Was in der Wüste Nevadas am 3. November 2006 geschah, holt Rickenbach nun ein. Am Donnerstag reichten die USA Strafanzeige gegen ihn ein. SonntagsBlick wusste bereits Anfang August, dass die USA ein Verfahren gegen Rickenbach vorbereiten. Damals drohte er mit Klagen wegen Persönlichkeitsverletzung, sollte der Fall publik werden. Nun geht sein Name durch die Weltpresse.

Rickenbach arbeitete auf dem US-Markt eng mit Hansruedi Schumacher (42) zusammen, einem UBS-Banker, der vor sieben Jahren als Private-Banking-Chef zur Neuen Zürcher Bank (NZB) wechselte. Auch gegen Schumacher reichten die USA Strafanzeige ein. Die NZB entliess ihn fristlos. Spricht das US-Gericht die zwei Schweizer schuldig, drohen ihnen fünf Jahre Haft und 250000 Dollar Busse.

Das Timing der Anzeige ist perfekt: Tags zuvor schlossen die Schweiz und die USA den Vergleich im UBS-Steuerstreit. Tags darauf kassierte der ehemalige UBS-Kundenberater Bradley Birkenfeld (44) eine Zuchthausstrafe von 40 Monaten sowie eine Geldbusse von 40000 Dollar. Das zeigt: «Der Druck der US-Steuerbehörde bleibt hoch», sagt Rechtsprofessor John Coffee von der Columbia University in New York. Er erwartet neue Strafklagen gegen Schweizer Banker und Anwälte sowie Zivilklagen gegen Banken.

Belastendes Material holt sich die US-Justiz aus den Selbstanzeigen von Steuersündern. Verfahren drohen gemäss «Wall Street Journal» der Credit Suisse, Julius Bär, der Zürcher Kantonalbank und der Genfer UBP.

Die Klage gegen Rickenbach und Schumacher ist breit dokumentiert. Die beiden sollen dem New Yorker Spielzeugfabrikanten Jeffrey Chernick und dem kalifornischen Geschäftsmann McCarthy geholfen haben, ihre Millionen vor dem Fiskus zu verstecken.

Die Anklage nennt auch Details ihrer Arbeitsweise: Die beiden fälschten die Steuererklärungen ihrer Klienten und legten deren Gelder in Tarnfirmen an. «Riesige Barsummen» verstauten sie in Schweizer Schliessfächern. Den Kunden rieten sie, ihr Geld von der UBS zur NZB zu überweisen, da die kleine Privatbank kein Steuerabkommen mit den USA habe und folglich von der Justiz nicht belangt werden könne. Besonders dreist: Schumacher und Rickenbach waren auch als Schweizermacher unterwegs. Sie fälschten Dokumente, um den Anschein zu erwecken, dass die Gelder ihrer US-Kunden Schweizern gehörten.

Als Chernick vor einem Jahr wissen wollte, ob sein Name an die US-Steuerbehörde gemeldet werde, ermunterten sie ihn zur Beamtenbestechung. Laut Klageschrift gab Chernick den Schweizern zu diesem Zweck 45000 Dollar. Die Bundesanwaltschaft ermittelt nun, ob die beiden das Geld selber einsteckten oder Beamte schmierten.

Weder der Jurist noch der Banker wollten gegenüber SonntagsBlick zu den Vorwürfen Stellung nehmen. In zwei Monaten werden sie zur ersten Anhörung nach Florida bestellt. Bleiben sie dem Termin fern, werden sie zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Schweiz liefert strafrechtlich verfolgte Bürger zwar nicht aus. Doch schon bei einer Reise in die EU könnten die beiden verhaftet und an die USA überstellt werden. Schumacher und Rickenbach sind Gefangene im eigenen Land.

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NZB unter Verdacht – auch im Fall Sulzer
Die US-Justiz nimmt einen Topmann der Neuen Zürcher Bank (NZB) ins Visier – doch die Führung des Instituts gibt sich ahnungslos: «Die Bank wusste nicht, dass eine Anklage gegen Hansruedi Schumacher in Vorbereitung ist», sagt Sprecherin Franziska Gumpfer. Auch von den in der Anklage breit ausgewalzten krummen Geschäften ihres Ex-Private-Banking-Chefs will niemand etwas gewusst haben. «Die NZB ist seit jeher bestrebt, ihre Geschäftstätigkeit in Übereinstimmung mit den Gesetzen und regulatorischen Bestimmungen zu betreiben», sagt Gumpfer.
Sonderlich erfolgreich ist die Privatbank bei der Umsetzung dieses Vorhabens nicht. Auch in der Schweiz steht sie unter Verdacht, Gesetze geritzt zu haben. Die Finanzmarktaufsicht untersucht ihre Rolle beim verdeckten Angriff von Ronny Pecik (47) und Georg Stumpf (37) auf den Sulzer-Konzern vor zwei Jahren. Die von den beiden Österreichern mutmasslich illegal erworbenen Sulzer-Aktien befinden sich heute im Besitz des russischen Oligarchen Viktor Vekselberg (52). In dessen Renova Holding spielt NZB-Verwaltungsratspräsident Carl Stadelhofer (56) eine zentrale Rolle. Stadelhofer ist Verwaltungsrat bei Renova und beim HightechUnternehmen OC Oerlikon. Auch dieses wird von Vekselberg kontrolliert.  

Von Guido Schätti
Die US-Justiz nimmt einen Topmann der Neuen Zürcher Bank (NZB) ins Visier – doch die Führung des Instituts gibt sich ahnungslos: «Die Bank wusste nicht, dass eine Anklage gegen Hansruedi Schumacher in Vorbereitung ist», sagt Sprecherin Franziska Gumpfer. Auch von den in der Anklage breit ausgewalzten krummen Geschäften ihres Ex-Private-Banking-Chefs will niemand etwas gewusst haben. «Die NZB ist seit jeher bestrebt, ihre Geschäftstätigkeit in Übereinstimmung mit den Gesetzen und regulatorischen Bestimmungen zu betreiben», sagt Gumpfer.
Sonderlich erfolgreich ist die Privatbank bei der Umsetzung dieses Vorhabens nicht. Auch in der Schweiz steht sie unter Verdacht, Gesetze geritzt zu haben. Die Finanzmarktaufsicht untersucht ihre Rolle beim verdeckten Angriff von Ronny Pecik (47) und Georg Stumpf (37) auf den Sulzer-Konzern vor zwei Jahren. Die von den beiden Österreichern mutmasslich illegal erworbenen Sulzer-Aktien befinden sich heute im Besitz des russischen Oligarchen Viktor Vekselberg (52). In dessen Renova Holding spielt NZB-Verwaltungsratspräsident Carl Stadelhofer (56) eine zentrale Rolle. Stadelhofer ist Verwaltungsrat bei Renova und beim HightechUnternehmen OC Oerlikon. Auch dieses wird von Vekselberg kontrolliert.  

Von Guido Schätti
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