In der Anklageschrift, die «10vor10» vorliegt, steht, dass der vierte Beschuldigte «eine Vielzahl an Reden verfasste, die den extremen Salafismus und den Islamischen Staat als Endziel propagierten, den Kampf gegen Andersdenkende und Ungläubige befürworteten und die westliche Gesellschaft degradierten und diese Reden in den Moscheen von Zürich und Luzern hielt.»
Laut «10vor10»-Recherchen war der Mann zudem früher auch in einer Winterthurer Moschee aktiv. Aktuell predigt er nach eigenen Angaben weiterhin in Kriens und ist in einer Moschee in St. Gallen als Imam tätig.
«In den islamischen Staat im Irak verliebt»
Zwar durchsuchten die Behörden seine Wohnung und befragten ihn, er blieb jedoch auf freiem Fuss. Dies, obwohl er laut Anklageschrift «in den islamischen Staat im Irak verliebt sei und sich als einer seiner Soldaten sehe». Der Mann, Jahrgang 1981, sei zudem 2012 nach Syrien gereist, um den Mitgliedern der Terrororganisation IS sechs moderne Funkgeräte zu überbringen.
Es sei ein aussergewöhnlicher Fall, findet der Terrorspezialist Jean-Paul Rouiller vom «Geneva Centre for Training and Analysis of Terrorism (GCTAT)». «Das gab es bisher nicht, dass ein Imam selber in solche Handlungen verstrickt ist», so Rouiller.
«Muslim-Verbände stehen in der Pflicht»
«10vor10» konnte mit dem Beschuldigten Imam sprechen. Er bestreitet, jemals in Syrien gewesen zu sein und lässt über seinen Anwalt ausrichten: «Betreffend den sichergestellten handschriftlichen Reden muss festgehalten werden, dass nur einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Textausschnitte übersetzt wurden. Von diesen isolierten Aussagen auf einen allgemein extremistischen Inhalt der Reden zu schliessen, welche – zumindest teilweise – gar nie in der Öffentlichkeit vorgetragen wurden, ist sicherlich nicht angemessen.»
Die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, Saïda Keller-Messahli, sieht nun die Muslim-Verbände in der Verantwortung: «Die Verbände stehen in der Pflicht. Sie müssen besser kontrollieren, wer in ihren Moscheen predigt.» (bih)