Schweizer sind Spender-Schlusslicht
60 Patienten warteten dieses Jahr vergebens auf ein Organ

Geht es um die Organspende, gehört die Schweiz zu den Schlusslichtern in Mitteleuropa. Alleine dieses Jahr sind 60 Patienten gestorben, die vergebens auf ein neues Organ gewartet haben.
Publiziert: 06.12.2015 um 13:44 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:37 Uhr
Zwei Ärzte am Unispital Basel bei einer Nieren-Entnahme.
Foto: Keystone

Die Zahlen sind bedrückend: Zurzeit warten in der Schweiz 1394 Menschen auf ein Organ – mitunter auch Kinder und Jugendliche. Doch hierzulande ist das Warten nicht selten vergebens. 60 Menschen sind im Jahr 2015 gestorben, weil sich kein Spender für sie finden liess.

Dabei wäre der Wille in der Bevölkerung da. Wie die «Schweiz am Sonntag» schreibt, wären 81 Prozent der Schweizer bereit, nach ihrem Tod eines oder mehrere Organe zu spenden. Tatsächlich tun es aber so wenige sie sonst in keinem anderen mitteleuropäischen Land. Auf eine Million Schweizer kommen gerade mal 14 Organspender.

Grosser Bedarf bei Nieren und Lebern

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) will das jetzt endlich ändern. In den kommenden zwei Jahren soll der Wert auf immerhin 20 Spender pro Million Einwohner klettern. «Es wird mindestens zwei Jahre dauern, bis die Vorgaben erreicht sind, doch wir sind auf dem Weg», sagt Franz Immer, ehemaliger Herzchirurg und heute Direktor von Swisstransplant.

Der grösste Bedarf besteht aktuell bei Nieren und Lebern. Alleine auf eine neue Niere warten heute 1072 Patienten, bei der Leber sind es 174. Seit einer Anpassung der Reglementierungen werden bei diesen Organen seit zwei Jahren vor allem Kinder bevorzugt. Eine Leber lässt sich auf zwei Empfänger aufteilen, sofern der zweite Patient nicht schwerer als 25 Kilo ist. Auch bei der Niere erhalten unter 20-Jährige gemäss Swisstransplant den Vorzug.

«Auch die Lunge einer 88-Jährigen kann Leben retten»

Gemäss Immer reichen diese Massnahmen aber noch immer nicht aus. «Es bräuchte pro Jahr 170 Spender.» Das wäre eine Verdoppelung der aktuellen Anzahl. «Ein ehrgeiziges Ziel, ich weiss es. Aber es ist nicht unrealistisch.»

Besonders stark wirkt sich gemäss Immer der Winter auf die Spender-Statistik aus. Davon profitieren aber meist nur jüngere Patienten. «Durch verschiedene Lawinenunfälle waren die Spender dieses Jahr eher jünger und das war für ältere Wartende ein Nachteil.» Im ersten Quartal 2015 haben denn auch 47 Menschen ihre Organe gespendet. In den folgenden Quartalen waren es jeweils nur noch 31. Insgesamt wurden 358 Organe transplantiert.

Immer fügt noch an, dass niemand zu alt zum Spenden sei. Massgebend sei einzig, wie jemand gelebt habe. «Auch die Leber oder Lunge einer gesunden 88-Jährigen kann Leben retten.» (cat)

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