Seit Tagen sorgt Sacha Kunz in Erlinsbach für rote Köpfe. Hier wohnt der Drahtzieher der rechtsradikalen Szene. Und hier wollte er heute Abend ein Rockkonzert veranstalten. Als die Gemeinde erfährt, wer hinter der «Speuzer Rocknacht» steht, schreitet sie ein. Die Behörden befürchten ein Neonazi-Konzert. Gestern wurde das Konzert abgesagt, obwohl Kunz beteuerte, es handle sich nicht um eine politische Veranstaltung.
BLICK trifft den sichtlich entnervten Kunz in Erlinsbach. Zum ersten Mal stellt sich der Rechtsextremen-Führer Journalisten-Fragen. Lässt sich sogar fotografieren. Bisher wollte Kunz mit Journalisten nichts zu tun haben. Schreckte auch vor Drohungen nicht zurück.
Dann redet der 28-Jährige. Was er sagt, hat es in sich: «Ich ziehe mich aus der rechtsradikalen Szene zurück», sagt er gleich zu Beginn. Er sitzt im Vorgarten des Bauernhauses, in dem der gelernte Maurer mit seiner Frau, seiner Tochter (3) und seinem Sohn (10 Monate) lebt. «Ich muss eine Familie ernähren, das hat für mich jetzt Priorität.»
Nach Jahren voller Hetze und Hass mag man Kunz nur schwer glauben. Er, der als Sänger der Band «Der Eidgenosse» Hasslieder von der Bühne grölte, wie: «Afrika für Affen. Europa für Weisse. Steckt die Affen in ein Klo und spült sie weg wie Scheisse.» Er, der die Szene massgeblich mit aufgebaut hat (siehe Box). Er, der mit dem grössten Neonazi-Versandhandel rassistische Musik vertrieb. Gerade er soll jetzt der Szene den Rücken drehen?
«Es wurde einfach zu viel», klagt Kunz. Im Mai wird er wegen Rassendiskriminierung vom Aarauer Bezirksamt zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. Da beschliesst er seinen Ausstieg. «Meine Kinder sollen nicht unter meinem Ruf leiden.»
Äusserlich hat sich Kunz tatsächlich verändert. Die Glatze ist weg, die Haare sind nachgewachsen. Während des Gesprächs kümmert er sich rührend um seine Kinder.
Aber seine Hände. Auf seinem linken Handrücken prangt noch immer ein tätowiertes Hakenkreuz. Und auf seiner Wade sind die Wappen der Hammerskins und der Neonazi-Schlägertruppe «Blood and Honour» eingeritzt. Die Skepsis bleibt.
BLICK: Ist Ihr Ausstieg nur ein Ablenkungsmanöver?
SACHA KUNZ: «Ich habe 2003 meinen Rücktritt aus der Pnos angekündigt und Wort gehalten. Das werde ich auch jetzt tun.»
Schwören Sie dem Nazi-Gedankengut ab?
«Ich denke eher spiessbürgerlich, so wie jeder zweite Schweizer. Das hat nichts mit Rechtsradikalismus zu tun.»
Haben Sie keine Angst vor Racheaktionen ehemaliger Weggefährten?
«Nein, denn ich habe nicht vor, irgendwelche Leute oder Organisationen zu verpfeifen.»
Ganz lässt sich Kunz aber noch immer nicht in die Karten schauen. Wie er seinen Versandhandel organisiert hatte, will er nicht sagen. Er beteuert aber, dass er sich jetzt einen neuen Freundeskreis suchen will.
Schon mit 20 Jahren stieg der Aargauer zur zentralen Figur auf. Bei der Gründung der Neonazi-Schlägertruppe «Blood and Honour» 1998 mischte er massgeblich mit. Zwei Jahre später gründete er die Pnos (Partei national orientierter Schweizer). Daneben zog er den grössten Neonazi-Versand der Schweiz auf. Er verschickte rechtsextreme Musik und Nazi-T-Shirts im ganzen Land. Drei Jahre lang war Kunz Präsident der Pnos. Die Partei schaffte es 2004 sogar in den Stadtrat von Langenthal BE. Im Parteiprogramm rief Kunz zu Hass und Rassendis- kriminierung auf. Dafür verurteilte ihn das Bezirksamt Aarau zu 14 Tagen Gefängnis und 340 Franken Busse. Nicht die erste Verurteilung: Wegen Körperverletzung und Tätlichkeiten war Kunz bereits zu 16 Monaten bedingt verurteilt worden.
von Silvana Guanziroli
Schon mit 20 Jahren stieg der Aargauer zur zentralen Figur auf. Bei der Gründung der Neonazi-Schlägertruppe «Blood and Honour» 1998 mischte er massgeblich mit. Zwei Jahre später gründete er die Pnos (Partei national orientierter Schweizer). Daneben zog er den grössten Neonazi-Versand der Schweiz auf. Er verschickte rechtsextreme Musik und Nazi-T-Shirts im ganzen Land. Drei Jahre lang war Kunz Präsident der Pnos. Die Partei schaffte es 2004 sogar in den Stadtrat von Langenthal BE. Im Parteiprogramm rief Kunz zu Hass und Rassendis- kriminierung auf. Dafür verurteilte ihn das Bezirksamt Aarau zu 14 Tagen Gefängnis und 340 Franken Busse. Nicht die erste Verurteilung: Wegen Körperverletzung und Tätlichkeiten war Kunz bereits zu 16 Monaten bedingt verurteilt worden.
von Silvana Guanziroli