Es ist der Horror jedes Bienenzüchters, im Frühling einen leeren Bienenstock vorzufinden. Doch seit Jahren geschieht genau das immer öfter. Die Fachwelt rätselt, worin die Gründe liegen könnten. Im Verdacht stehen Parasiten, Viren und Pestizide. Doch nun zeigt ein Schweizer: Schuld sind die Handys.
Von Februar bis Juni 2009 untersuchte Daniel Favre, Ex-Biologe an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und Bienzucht-Berater des Kanton Waadts auf eigene Faust das Bienensterben. Seine noch nie dagewesenen Ergebnisse wurden in der Bienen-Fachzeitschrift «Apidologie» veröffentlicht.
83 Mal führte er in fünf Bienenhäusern in Morges und dEpalinges in Waadt dasselbe Experiment durch: Er platzierte jeweils auf zwei Bienenhäusern Handys. Dann mass er den Geräuschpegel, den die Kolonie verursachte.
Bienen summen fast zehn Mal höher
Das Resultat ist bahnbrechend: Waren die Handys auf Standby, veränderte sich der Geräuschpegel nicht. Er blieb auf 450 Hertz.
Telefonierten die Handys aber miteinander, steigerten die Bienen nach 35 Minuten ihr Summen um ein Vielfaches auf 4000 Hertz.
Brach Favre die Handykommunikation ab, sank der Geräuschpegel innert drei Minuten wieder auf ein normales Niveau.
«Die Telefonie steigert den Gesang der Arbeiterbienen», erklärt Favre im «Le Matin». Das Brisante daran: Der gesteigerte Geräuschpegel ist ein klares Zeichen dafür, dass die Bienen gestört wurden. Und: Er gibt der Kolonie das Signal, anderweitig auszuschwärmen.
Doch verlässt die Bienenkolonie den Stock noch mit der alten Königin, weil die neue Königin noch keine Zeit hatte, während des Winters heranzuwachsen, ist sie dem Tod geweiht.
Unverzichtbar für Landwirtschaft
«Die Mobilkommunikation ist für Bienen verhängnisvoll», sagt Favre. Deshalb benutze er seit der Studie sein Handy fast nicht mehr. «Höchstens noch einmal alle sechs Monate.»
Der Antennenwald in der Schweiz sei praktisch auf dem ganzen Bienen-Gebiet verbreitet. Ein klares Zeichen dafür, dass die Kolonie gestört wurde. Das habe grossen Einfluss auf die Menschheit, warnt Favre. «Die Bienen sind schliesslich für 63 Prozent der für unsere Ernährung nötigen weltweiten Bestäubung verantwortlich.»
«Nur ein Grund von vielen»
Jean-Daniel Charrière von der Forschungsanstalt Agroscope, welche dem Bundesamt für Landwirtschaft angehört, bewertet die Studie als seriös und interessant. «Das ist eine Schweizer Premiere», sagt Charrière.
Er zieht aus der Studie den Schluss, dass Bienen sensibel auf elektromagnetische Strahlen reagieren, wenn sich diese in der Nähe von Bienenhäusern befinden. Dass Handys tatsächlich schuld am Bienensterben sind, könne er nicht ausschliessen.
«Aber das ist dann ein Grund von vielen. Wie kann man sonst erklären, dass das Massensterben von Jahr zu Jahr schwankt und in allen Regionen – ländlich oder nicht – vorkommt?»
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