Anfang Oktober 2016 war Justizministerin Simonetta Sommaruga nach Sri Lanka gereist, um mit dem ehemaligen Bürgerkriegsland ein Migrationsabkommen abzuschliessen. Dieses regelt unter anderem die Rückführung abgewiesener sri-lankischer Asylbewerberinnen und -bewerber.
Damals betonte Sommaruga gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, jede weitere Annäherung wäre verfrüht: «Mit der jetzigen Regierung würden wir keine Migrationspartnerschaft abschliessen, ausser es würde unter ihr Fortschritte geben.» Zwar strebe die Schweiz eine solche an, dazu müsste sich in Sri Lanka aber noch einiges ändern.
Die positive Entwicklung ist nach Einschätzung des Staatssekretariat für Migration (SEM) inzwischen eingetreten: Die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit habe sich verbessert, die Regierung kooperiere mit UNO-Gremien, sie habe ein Büro für vermisste Personen geschaffen und die nationale Menschenrechtskommission (HRC) untersuche „glaubwürdig mögliche Menschenrechtsverletzungen“.
Auch im Umgang mit Rückkehrern bemühe sich das Land um «Veränderungen“. Weil viele Menschen aus Sri Lanka in der Schweiz lebten, sei das Interesse des Bundes an einer Migrationspartnerschaft, die über das Abkommen hinaus geht, sehr gross, hiess es. Ausserdem rechne man damit, dass Sri Lanka auch in Zukunft ein Asyl-Herkunftsland bleiben werde.
Dass Sommaruga zur Unterzeichnung einer blossen Absichtserklärung persönlich nach Sri Lanka reise, sei daher ein wichtiges politisches Zeichen. Die Schweiz wolle damit ihr Interesse an der Zukunft des Landes deutlich machen. Und es sei auch ein Signal der Ermutigung an Sri Lanka, an gewissen Migrationsthemen weiterzuarbeiten.
Migrationspartnerschaften unterhält die Schweiz bisher mit fünf Ländern: Bosnien und Herzegowina, Serbien, Kosovo, Nigeria und Tunesien. Gemäss SEM handelt es sich dabei um die Einigung zweier Staaten, »mittels eines umfassenden Ansatzes« im Migrationsbereich enger zusammen zu arbeiten.
Die Partnerschaften beinhalten zum Beispiel Projekte zur Zusammenarbeit beim Schutz von Flüchtlingen und Migranten, zur Bekämpfung des Menschenhandels, zum Aufbau funktionierender Asylstrukturen, zur regulären Migration im Rahmen von Aus- und Weiterbildung oder zur Rückkehr und zur Reintegration von Migranten.
So wurde in Nigeria eine TV-Serie gedreht, mit der die Nigerianer davon abgehalten werden sollten, in die Schweiz zu reisen. Auch der Erfahrungsaustausch mit den Polizeibehörden im Bereich Menschenhandel und -schmuggel wurde intensiviert.
In Tunesien soll mit der Partnerschaft unter anderem die Rückkehr und die Berufsausbildung junger Tunesier gefördert werden. Dazu gehört die »Schaffung von Zukunftsperspektiven in der Arbeitswelt« und die Verbesserung des Know-Hows bei den Berufslehren. Offiziellen Zahlen zufolge kehrten über das Programm bis zum letzten Jahr mehr als 1600 tunesische Asylbewerber in ihr Land zurück.
Auf eine ähnliche Art und Weise will die Schweiz ihr Engagement auch in Sri Lanka ausbauen. Konkret diskutiert wurde die Zusammenarbeit zwar noch nicht. Aber neben der Begrenzung der irregulären Migration seien auch hier Projekte zur Förderung der legalen Migration vorstellbar. So könnte zum Beispiel ein Berufsbildungsprojekt im Tourismus mit einem Praktikumsaufenthalt in der Schweiz ergänzt werden.
Wichtig sei auch, dass Menschenrechtsfragen und Fragen zur Rechtsstaatlichkeit bereits in der Absichtserklärung für die Partnerschaft auftauchten. Erst Mitte Juli gab die sri-lankische Regierung zum Beispiel bekannt, dass sie die Todesstrafe für Drogenkriminelle wieder einführen will.
Das SEM räumt ein, dass es weiterhin »Defizite bei der guten Regierungsführung« gibt: Aber Sri Lanka stehe vor immensen politischen Herausforderungen und mitten in einem Systemwechsel von einem autoritären Regime zu einer Demokratie.
Die politische Ebene sei dabei weiter fortgeschritten als der »Unterbau«, der »mit dem gleichen Personal an den gleichen Abläufen« festhalte. Deshalb sei es wichtig, »mittel- und langfristig" mit den sri-lankischen Behörden Projekte zur Versöhnung der verschiedenen Ethnien zu lancieren, über den Umgang mit Rückkehrern zu sprechen oder über Chancengleichheit im tamilischen Norden des Landes.
Dabei könnten je nach Kompetenzen auch andere Bundesstellen wie die Abteilung menschliche Sicherheit im Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (Eda), die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), oder das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) eine wichtige Rolle spielen.