Ende März 2018 eskalierte der Streit zwischen den USA und China als US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf Stahlimporte aus China verhängte.
Die EU befürchtete daraufhin, dass der eigentlich für die USA vorgesehene Stahl aus China nun nach Europa exportiert und damit die heimische Stahlindustrie gefährdet wird. Der Anstieg an Stahlimporten deutete jedenfalls auf dieses Szenario hin, so dass die EU im Juli provisorische Schutzmassnahmen auf Stahlimporte für 200 Tage beschloss.
Werden in dieser Frist gewisse Schwellenwerte - im Fachjargon "globale Zollkontingente" genannt - überschritten, werden für Stahlimporte aus Drittstaaten Schutzzölle von 25 Prozent erhoben. Auch die Schweizer Stahlindustrie ist von diesen Massnahmen betroffen.
Der Ende 2018 zurückgetretene Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sowie mehrere Schweizer Diplomaten versuchten, bei der EU Ausnahmen für die Stahlindustrie zu erwirken.
"Die Schweiz setzte sich bei der EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten wiederholt dafür ein, dass die Schutzmassnahmen so ausgestaltet werden, dass sie den Handel zwischen der Schweiz und der EU nicht einschränken", schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) nun auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Seco verweist zudem auf "die Verpflichtungen des Freihandelsabkommens Schweiz-EU von 1972".
Zwar räumte die EU-Kommission ein, dass die Schweiz nicht Ziel ihrer Schutzmassnahmen sei, doch schien sie anfänglich wenig Interesse zu zeigen, der Schweiz Stahlindustrie eine Ausnahmeregelung zu gewähren - was aus Sicht der Schweiz gemäss Welthandelsorganisation WTO möglich wäre.
Doch allem Anschein nach haben die Schweizer Bemühungen doch etwas gebracht. Zwar hat die EU-Kommission Ende letzte Woche die WTO darüber informiert, die provisorischen Schutzmassnahmen nun in definitive zu überführen. Davon betroffen sind insgesamt 26 Produktegruppen der Stahlindustrie. Doch räumte die Brüsseler Behörde in ihrer Mitteilung ein, die EU wolle die "etablierten Handelsströme" erhalten.
Denn bei den von der EU eingeführten provisorischen globalen Kontingenten werden alle Drittstaaten gleich behandelt und mit Zusatzzöllen bestraft, sobald die vorgegebene Importschwelle überschritten wird. Keine Rolle spielt, ob ein Drittstaat erst seit kurzem zu Dumpingpreisen exportiert oder ob zwischen dem Drittstaat und den EU-Ländern eine etablierte Handelsbeziehung besteht.
Um letztere nicht ungerechtfertigt zu bestrafen, sollen wichtige Stahlprodukte dieser Länder gemäss EU-Kommission nicht globalen Zollkontingenten unterstellt werden, sondern "individuelle Kontingente" erhalten, wie Brüssel schreibt.
Das ist eine gute Nachricht für die Schweizer Stahlindustrie. Laut Seco bedeutet das nämlich, dass die EU Schweiz-spezifische Kontingente berechnet. Die wichtigsten Schweizer Stahlexporte würden damit "von den länderspezifischen Zollkontingenten profitieren".
Das betrifft beispielsweise Walzdraht, der in der Automobilindustrie gebraucht wird. Auch Stabstahl, sowohl in der Automobilindustrie wie auch auf dem Bau verwendet, profitiert von Schweiz-spezifischen Kontingenten.
Ganz aus dem Schneider sind die Produzenten, die von diesen spezifischen Schweiz-Kontingenten profitieren, jedoch noch nicht. Gemäss Seco müssen "diese Kontingente genügend gross ausgestaltet sein, damit der bilaterale Handel uneingeschränkt weitergeführt werden kann". Das muss sich erst noch zeigen.
Trotz der guten Nachrichten bleibt ein kleiner Wermutstropfen: Nicht für alle Schweizer Stahlprodukte gibt es spezielle Kontingente. Unternehmen, die etwa warm gewalzte Stahlbleche exportieren, müssen auch weiterhin mit globalen Kontingenten vorlieb nehmen. Für diese Produkte sei aber "ein genügend grosses Globalkontingent vorgesehen", schreibt das Seco.
Die EU-Kommission geht in ihrer Mitteilung davon aus, die definitiven Schutzmassnahmen gegen Stahlimporte am 4. Februar in Kraft setzen zu können.
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