«Die Regelung ist paradox»
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Streit um Rolle von Kindern:«Die Regelung für Kinder ist paradox»

Schulen bleiben offen, aber private Treffen werden limitiert
«Die Regelung ist paradox»

Läden werden geschlossen, Treffen auf fünf Personen beschränkt – nur die Schulen bleiben weiter offen. Ein Widerspruch? Nicht unbedingt, denn die Wissenschaft sieht darin kein Problem.
Publiziert: 15.01.2021 um 07:21 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2021 um 10:12 Uhr
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Die Schulen bleiben in der Schweiz weiterhin offen.
Foto: keystone-sda.ch
Sven Ziegler

Der Bundesrat greift durch. Läden werden geschlossen, Treffen auf fünf Personen beschränkt. Die Schweiz geht wieder in den Lockdown. Fast. Denn anders als noch im März und entgegen den umliegenden Ländern bleiben die Schulen geöffnet, Kinder werden auch weiterhin im Klassenzimmer unterrichtet.

Dies trotz Warnungen des deutschen Virologen Christian Drosten (48), der die Schuldiskussionen derzeit kräftig befeuert. Auf Twitter verlinkt der Berater der deutschen Regierung eine Studie aus England. Diese soll belegen: Schulen spielen bei der Verbreitung von Covid-19 eine entscheidende Rolle – und müssten daher geschlossen werden.

England schlechtes Vergleichsbeispiel

Aber sind Kinder jetzt wirklich die Treiber der Pandemie? Epidemiologin Susi Kriemler (59) widerspricht Drosten und sagt zu BLICK: «England ist schlecht mit der Schweiz vergleichbar. In England sind die demografischen Voraussetzungen komplett anders, deswegen lassen sich die Daten nicht vergleichen.»

Kriemler hat mit einem Forschungsteam verschiedene Schweizer Schulen untersucht. Das Ergebnis: «Nur in 3 von 130 Klassen hatten wir mehrere Infektionen gleichzeitig, was auf Ansteckungen innerhalb der Klasse hindeutet. Bei anderen Klassen traten ebenfalls Infektionen auf, allerdings zu verschiedenen Zeiten. Diese Kinder haben sich nicht in der Schule, sondern eher im familiären Umfeld angesteckt.»

Kinder zählen als Vorsichtsmassnahme

Dass neu auch Kinder bei einem Treffen mitgezählt werden, sei sicherlich zu Beginn paradox, so Kriemler: «Auf der einen Seite darf eine vierköpfige Familie die Grosseltern nicht mehr treffen, auf der anderen Seite dürfen Kinder weiter in die Schule. Das sorgt für Verwirrung. Meiner Ansicht nach steht am Schluss eine reine Beschränkung von Kontakten.»

Auch Infektiologe Christian Kahlert vom Kinderspital St. Gallen vermutet hinter dem Entscheid eine Vorsichtsmassnahme: «Der Bundesrat hat wohl auf der Basis der Unbekannten entschieden. Noch wissen wir nicht, welche Rolle die Kinder bei der Übertragung der neuen Mutationen spielen.» Aus epidemiologischer Sicht sei es daher sinnvoll, die Kinder mitzuzählen.

Zuerst höhere Schulstufen schliessen

Trotzdem seien Kinder nicht die Treiber der Pandemie, betont auch Kahlert: «Zwar können Kinder das Virus weitergeben, basierend auf aktuellen Studien geschieht das allerdings nur in Einzelfällen.» Es sei daher entscheidend, die Schulen offen zu halten. Viele Schüler hätten während des Lockdowns im Frühling kaum Fortschritte gemacht, zudem gebe es einen Anstieg an psychischen Krankheiten durch die fehlende soziale Interaktion. Ausserdem: «In den anderen Ländern sieht man den Effekt von Schulschliessungen nicht. Die Zahlen reduzieren sich kaum.»

Wichtig sei es, zwischen den verschiedenen Altersgruppen zu unterscheiden: «Ein sechsjähriges Kind kann das Virus sicherlich weniger gut weitergeben als ein 13-jähriger Jugendlicher.» Sollten wieder Schulschliessungen vorgenommen werden müssen, empfiehlt Kahlert bei höheren Stufen anzusetzen: «Ältere Schüler können besser mit dem Fernunterricht umgehen als Primarschüler. Daher sollten die tieferen Schulstufen so lange wie möglich offen gehalten werden.»

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