Erst im März eröffnete in Kreuzlingen TG das neue Asylzentrum. Jetzt sorgt es schon für Stunk! Zehn Flüchtlinge sind bereits abgehauen und untergetaucht. Wohin? Unklar. Das Zentrum liegt nur wenige Hundert Meter von der deutschen Grenze entfernt.
Das sorgt dort für mächtig Kritik: Die Deutschen haben Angst. Sie fürchten, dass Flüchtlinge kinderleicht nach Konstanz (D) kommen könnten. So auch Frank Hämmerle (66). Für den Konstanzer Landrat stellt das Asylzentrum ein «klares Sicherheitsrisiko» dar. Deswegen fordert er intensive Grenzkontrollen.
Damit ist der 66-Jährige nicht allein, bekommt sogar Rückendeckung von deutschen Bundespolitikern. Der Innenminister von Baden-Württemberg, Thomas Strobl (59), schrieb einen Brief an den Bundesinnenminister Horst Seehofer (69), wie der «Südkurier» berichtet. Darin die Aufforderung: mehr Bundespolizei an die deutsche Grenze.
Sogar die Bundespolizei selber warnt in einem Infoschreiben vor einer Zunahme an illegalen Einreisen. Darin heisst es: «Vor diesem Hintergrund werden im grenznahen Raum voraussichtlich bedeutend mehr abgewiesene Asylsuchende untertauchen als bisher», zitiert die deutsche Tageszeitung «Bild» aus dem Schreiben.
Veränderung im Schweizer Asyl-System
Das kleine Asylzentrum wird zum Politikum – allerdings nur in Deutschland. Denn das Staatssekretariat für Migration (SEM) versteht die Aufregung der Nachbarn überhaupt nicht. Zumal das Zentrum nicht neu ist. Seit 30 Jahren gibt es in Kreuzlingen solch eine Unterkunft. «Spezifische oder gar grenzüberschreitende Probleme während dieser Periode sind keine bekannt», sagt SEM-Sprecher Lukas Rieder zu BLICK.
In dem alten Zentrum wurden Aslygesuche auch geprüft und über sie entschieden. Doch diese Prüfstelle wurde für die Ostschweiz nun nach Altstätten SG verlegt. Heisst: In Kreuzlingen werden jetzt nur noch die Asylbewerber untergebracht, deren Gesuch abgelehnt wurde. Straffällig gewordene Flüchtlinge sind nicht darunter.
Waren es früher 300, werden im neuen Zentrum 310 Asylbewerber untergebracht.
Ein Asylzentrum ist kein Gefängnis
Besteht denn ein reales Risiko, dass Flüchtlinge über die Grenze nach Deutschland abhauen?
Seit März sind von den rund 90 Asylbewerbern in Kreuzlingen zehn Personen verschwunden. Untergetaucht! Das bedeute nicht automatisch, dass diese über die Grenze geflüchtet seien, betont Rieder. «Schliesslich gibt es auch Asylsuchende, die von Deutschland in die Schweiz migrieren.»
Pikant: Die zehn untergetauchten Flüchtlinge sind im Vergleich zum Asylzentrum in Embrach ZH sogar wenig. Hier verschwanden zwischen März und Juni im Jahr 2018 zirka 60 Prozent. Grundsätzlich liegt die «Quote der unkontrolliert abreisenden Personen bei rund 30 Prozent», erklärt der SEM-Sprecher.
Ausserdem sei ein Asylzentrum kein Gefängnis. Natürlich würden beauftragte Sicherheitsfirmen eingesetzt, aber die Flüchtlinge bis zur Abschiebung einsperren, wäre nicht erlaubt. Bundesrat und Parlament lehnten solche Massnahmen mehrmals ab. Zudem gilt das Dublin-Verfahren. Heisst: Egal, wo die Asylsuchenden untertauchen, die Schweiz ist und bleibt für sie zuständig.
«Irreguläre Weiterwanderung in Europa stoppen»
Die Brisanz, die ein Asylzentrum nahe der Grenze mit sich bringt, ist aber beiden Ländern bewusst. Deswegen wurde auch 2016 der «Aktionsplan Deutschland – Schweiz» vereinbart. Mit dem Ziel: «Die irreguläre Weiterwanderung in Europa zu stoppen.»
Dafür arbeiten das Schweizer Grenzwachtkorps (GWK) und die deutsche Bundespolizei eng zusammen, kontrollieren engmaschig die Grenze. Das bestätigt auch das GWK auf Anfrage. Sagt aber: «In den letzten Monaten gab es keine Aufgriffe von Asylbewerbern.»
Wo die abgetauchten Asylbwerber hingeflüchtet sind, ist unklar.
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