Anders als vor vier Jahren hat sich das Neuenburger Wahlvolk am Sonntag für Stabilität ausgesprochen und alle fünf Bisherige an die Spitze gewählt. Die drei Staatsräte der SP und die beiden der FDP müssen aber voraussichtlich in den zweiten Wahlgang am 23. April.
An der Spitze des ersten Wahlgangs stand Jean-Nat Karakash von der SP mit 22'715 Stimmen. Auch er blieb jedoch unter dem absoluten Mehr von 22'816 Stimmen, weshalb am Sonntag noch keiner der fünf Sitze der Neuenburger Regierung vergeben wurde.
Hinter Karakash folgten die beiden FDP-Staatsräte Laurent Favre (21'957 Stimmen) und Alain Ribaux (21'626). Dahinter blieben die beiden bisherigen SP-Exekutivmitglieder Monika Maire-Hefti (18'092) und Laurent Kurth (17'997) etwas zurück.
Beide stammen aus dem Neuenburger Jura, und vor allem der Finanz- und Gesundheitsdirektor Laurent Kurth brachte seine Region mit einer Neuorganisation der Spitalstandorte gegen sich auf. Er wollte die Spitzenmedizin auf den Hauptort Neuenburg konzentrieren. Das Neuenburger Stimmvolk erteilte den Plänen Mitte Februar jedoch eine Abfuhr an den Urnen. Monika Maire-Hefti brachte die Lehrer mit einer Lohnreform gegen sich auf.
Sanktion für Spitäler-Abstimmung
Trotz dem fünften Platz zeigte sich Laurent Kurth mit dem Resultat zufrieden. «Ich bin stolz darauf, dass die Regierung ihre Glaubwürdigkeit wieder erlangt hat, und das in einem extrem schwierigen finanziellen Umfeld«, sagte er nach der Bekanntgabe der Resultate der Nachrichtenagentur sda.
Vor vier Jahren hatten die Neuenburgerinnen und Neuenburger beinahe die gesamte Regierung neu zusammengesetzt. Laurent Kurth war 2013 der einzige Bisherige und auch er war damals erst seit sechs Monaten im Amt.
Dass er diesmal auf dem fünften Platz abschloss, schrieb er klar der Abstimmung über die Spitäler zu. Der aus La Chaux-de-Fonds stammende Kurth blieb in seiner Stadt weit hinter seinen SP-Kollegen und dem Grünen Konkurrenten Fabien Fivaz zurück. «Wären die Wahlen vor sechs Wochen gewesen, wäre es wohl noch knapper geworden», sagte der Finanz- und Gesundheitsdirektor.
Er zeigte sich zuversichtlich im Hinblick auf einen allfälligen zweiten Wahlgang. Trotz des Rückstands auf die anderen bisherigen Staatsräte konnten Kurth und Maire-Hefti ihre Herausforderer klar distanzieren.
Stabilität statt Erneuerung
Der Grüne Fabien Fivaz kam mit 12'536 Stimmen auf den sechsten Platz. Nur auf dem siebten Platz landete die dritte FDP-Kandidatin Isabelle Weber (12'177), die für die FDP die Mehrheit in der Regierung wieder hätte zurückerobern sollen.
Sie zeigte sich dennoch zufrieden mit ihrem Resultat. «Ich bin motiviert, wieder anzutreten«, sagte sie am Sonntag. Über eine erneute Kandidatur entscheidet die Neuenburger FDP an einer Generalversammlung am Montagabend.
Auch für die Freisinnigen war der erste Wahlgang eine Rückkehr zur Stabilität. «Vor vier Jahren hatte das Stimmvolk den Willen zum Wandel, heute zur Stabilität», sagte der drittplatzierte Alain Ribaux. Er sprach von einer «Anerkennung» durch das Stimmvolk.
SVP gibt sich noch nicht geschlagen
Keine Chancen hatten die drei Kandidaten der SVP. Sie landeten noch hinter Nago Humbert (9130) von der Partei der Arbeit (PdA), der es auf den achten Platz schaffte. Die drei SVP-Anwärter Jean-Charles Legrix (6230), Xavier Challandes (6175) und Stephan Moser (5660) blieben weit zurück.
Nach dem Debakel um Yvan Perrin schaffte die SVP damit keinen erneuten Einzug in die Neuenburger Regierung. Perrin war 2013 in die Exekutive gewählt worden, trat jedoch nach anderthalb Jahren wegen eines Burn-outs zurück. Sein Sitz ging an die FDP verloren.
Jean-Charles Legrix führte das schlechte Resultat aber nicht auf das Kapitel Perrin zurück, sondern auf die generelle Schwäche der SVP bei Majorzwahlen. Er machte bereits Druck auf die FDP. Er könne sich nicht vorstellen, dass die SVP nicht mehr antrete im zweiten Wahlgang, falls keine andere Partei versuchen würde, die bürgerliche Mehrheit in der Regierung zurückzuerobern, sagte Legrix.
Kandidaturen für den zweiten Wahlgang müssen bis am Dienstag um 12 Uhr eingereicht werden. Keine Chance hatten Vincent Martinez (CVP) und Dimitri Paratte (solidaritésS), die sich auf den letzten Rängen wieder fanden. Die Stimmbeteiligung lag bei 34,2 Prozent.
Bürgerliche verteidigen Mehrheit im Grossen Rat
Im Kantonsparlament konnten die bürgerlichen Parteien ihre Mehrheit knapp verteidigen. Sie verlieren 3 Sitze und stellen neu 58 Vertreter, einen mehr als die linken Parteien.
Grosse Verliererin ist die SVP, die 11 ihrer 20 Sitze verliert. Auf ihre Kosten zulegen konnte die FDP (+8). Sie bleibt mit 43 Sitzen stärkste Kraft im Parlament. Komplettiert wird das bürgerliche Lager durch die CVP mit 2 Vertretern (+1) und die Grünliberalen, die noch 4 Sitze haben (-1).
Die linke Minderheit setzt sich aus 32 SP, 17 Grünen und 8 PdA-Vertretern zusammen. Während SP und PdA je einen Sitz verlieren, gewinnen die Grünen 5 Sitze. Für die 115 Sitze im Grossen Rat waren 495 Kandidatinnen und Kandidaten angetreten. (SDA)
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