BLICK: Herr Groner, in der BLICK-Serie «Ich bin die Zweitfrau» haben Frauen über ihr schwieriges Leben zwischen Ehemann, Ex-Frau und den Kindern aus erster Ehe gesprochen. Haben Sie als Scheidungsanwalt Verständnis für diese Klagen?
Roger Groner: Ja, Zweitfrauen haben keine leichte Aufgabe. Die Ex-Frau wird sich nie bedanken, wenn sie sich um ihre Kinder kümmert. Auch finanziell muss sich die Zweitfrau einschränken, weil ihr Mann jahrelang Unterhalt bezahlen muss. Das kann auf die Dauer mühsam werden und die Beziehung auf eine harte Probe stellen. Rein rechtlich kann sie dagegen aber nichts machen.
Im Falle einer Scheidung muss der Mann zahlen, die Ex-Frau kann den Kontakt zu den Kindern verunmöglichen und erst noch eine neue Ehe blockieren. Gibt es überhaupt Gründe, dass man heute noch heiraten soll?
Es sind vor allem romantische Gründe, die fürs Heiraten sprechen. Alle im Umfeld heiraten, oder die Partnerin will unbedingt, und der Mann wird irgendwann schwach. Rationale Gründe für eine Ehe gibt es für einen Mann eigentlich keine. Bei den Frauen sieht das anders aus. Sie weiss, dass sie sicher für 16 Jahre ausgesorgt hat und nicht mehr arbeiten muss, wenn Kinder da sind.
Viele Zweitfrauen haben sich gegenüber BLICK beklagt, dass es bis zu sechs Jahren dauert, bis die Ehe ihres Partners geschieden wird.
80 Prozent der Scheidungen werden beim ersten Anhörungstermin erledigt. Spätestens nach drei Monaten ist man geschieden. Eine Minderheit der Verfahren zieht sich aber tatsächlich über Jahre hin. Die Eheleute zeigen sich nicht kompromissbereit. Die Richter mögen das gar nicht. Das Dossier landet dann auf einem Stapel. Das Gericht sagt sich: «Wenn die Ehegatten nicht wollen, dann haben wir auch keinen Bock.» Sechsjährige Verfahren sind aber die grosse Ausnahme.
Haben Ex- oder Noch-Ehefrauen nicht einfach zu viel Macht?
Ja, sie können das Scheidungsverfahren massiv hinauszögern. Hinzu kommt, dass die zweijährige Trennungsfrist ein Witz ist. Ich kenne praktisch keine Paare, die in den zwei Jahren wieder zusammengekommen sind. Die Frist gehört abgeschafft. Sofort. Wer will, soll sich sofort scheiden lassen können. In der Realität sind aber oftmals auch die Richter das Problem.
Weshalb?
Richter verdienen ihre 12000 Franken im Monat, egal, ob sie 5 oder 50 Fälle bearbeiten. Der Lohn und auch das gesellschaftliche Ansehen hängen nicht von ihrer Arbeitsleistung ab.
Was halten Sie von der Idee, Scheidungsverfahren auf zwei Jahre zu begrenzen?
Ein guter Ansatz. Dann müssten die Richter vorwärtsmachen. Sie würden den Druck weitergeben. Etwa auf die Vormundschaftsbehörden, die bei Abklärungen zum Kindeswohl auch zügiger arbeiten müssten.
Lange Scheidungsverfahren gehen ins Geld.
Ja, das kann richtig teuer werden. Ich kenne Männer, die einen Kleinkredit aufnehmen mussten, um die Kosten bezahlen zu können. Davon rate ich aber dringend ab.
Scheidungen sind also eine Armutsfalle?
Ja, gerade längere Verfahren gehen ans Eingemachte. Scheidungen sind ein Armutsrisiko für die Frau, die für die Kinder schaut. Aber auch für den Mann. Erst recht, wenn er wieder eine Familie gründen will. Es gibt immer wieder Frauen, die sich nach einer Scheidung ganz bewusst keine Arbeit suchen. «Der Ex soll jetzt erst einmal bezahlen», heisst es dann.
Was raten Sie einem Mann, der in Scheidung lebt und seine Zweitfrau bald heiraten will? Soll er seiner Ex die neue Partnerin verschweigen?
Unbedingt! Er soll ihr nichts von der neuen Liebe erzählen! Viele Frauen können damit nicht umgehen, obwohl sie die Scheidung ja eigentlich wollen. Der Mann soll seiner Ex ein faires Angebot machen, eine entsprechende Scheidungskonvention ausarbeiten und das Verfahren möglichst schnell abschliessen.
Was kann sonst passieren?
Mir kommt da folgender Fall in den Sinn: Ein Ehepaar mit zwei Kindern hat sich nach 15 Jahren getrennt. Die Trennung verlief problemlos, bis der Mann der Frau erzählte, dass er eine Neue hat. Von da an hat sie ihm das Leben zur Hölle gemacht. Wenn er sich um einen Besuchstermin für die Kinder bemühte, bekam er nur SMS wie «Du Sauhund, verpiss dich!». Er bemühte sich, den Kindern zuliebe sachlich zu bleiben. Genützt hat es aber nichts. Die Frau hat das Verfahren hinausgezögert – und der Mann hat trotzdem immer regelmässig gezahlt.
Ein Scheidungsanwalt sieht Paare erst, wenn es schon zu spät ist. Was raten Sie Heiratswilligen?
Nur ja nichts überstürzen! Es ist besser, wenn man etwas Zeit verstreichen lässt und in Ruhe schaut, ob man wirklich zusammenpasst – auch im Alltag. Die Frau soll sich fragen: «Kann ich es mir wirklich vorstellen, mit dem Kerl auch noch mit 70 zusammenzuleben?» Selbst bei Nachwuchs ist eine Heirat heute nicht mehr zwingend nötig. Uneheliche Kinder sind zum Glück keine Schande mehr.
Zurück zum harten Los der Zweitfrau: Kann sie sich wehren, wenn die leibliche Mutter der Kinder ihr den Kontakt mit ihnen verbieten will?
Eine spannende Frage. Ich habe gerade einen solchen Fall. Eine 30-jährige Mutter will nicht, dass die neue Freundin des Vaters ihren einjährigen Sohn sieht. Sie verlangt eine Klausel im Scheidungsurteil, dass der Vater den Sohn nur allein besuchen darf. Das Kind sei überfordert, wenn eine neue Frau an der Seite des Vaters sei. Die Verhandlungen laufen noch.
Die Kinder bringen bei jedem Besuch ein Stück ihrer Mutter und damit ein Stück Vergangenheit in die neue Beziehung. Die Zweitfrau muss ständig Angst haben, dass sich der Vater doch für die Kinder entscheidet.
Das ist nicht einfach. Mir ist ein Fall bekannt, wo eine Zweitfrau daran fast zerbrach. Sie setzte den Vater der Kinder massiv unter Druck: «Heirate mich, oder ich verlasse dich!»
In vielen Scheidungsverfahren kämpfen die Ehepartner und deren Anwälte mit hässlichen Tricks. Anwalt Roger Groner (42) verrät vier.
1. Der Simple
Die Frau kann immer wieder Verschiebungsgesuche stellen oder neue Gutachten in Auftrag geben. Passiert häufig, wenn die Frau möglichst lange am Pensionskassen-Guthaben des Gatten teilhaben will.
2. Der Raffinierte
Der Mann versucht, sein Vermögen vor der Scheidung möglichst kleinzurechnen. Beispiel: Er kauft sich nach der Trennung einen Jaguar für 150000 Franken – und verkauft ihn kurz vor der Scheidung für läppische 20000 Franken an einen Freund. So ist das Vermögen um 130000 Franken reduziert. Nach der Scheidung kauft der Mann das Auto für 20000 Franken zurück.
3. Der Kriminelle
Die Frau bezichtigt ihren Mann des sexuellen Kindesmissbrauchs. Der Richter muss das Scheidungsverfahren dann unterbrechen. Die Vormundschaftsbehörde prüft die Vorwürfe. Die Sistierung des Verfahrens kann Jahre dauern.
4. Der Aufwendige
Die Frau verlegt den Wohnsitz kurz vor Ablauf der Trennungsfrist ins Ausland – es kann ewig dauern, bis sie dort vorgeladen werden kann. So verzögert sich die Trennung manchmal um Jahre – und der Mann zahlt.
In vielen Scheidungsverfahren kämpfen die Ehepartner und deren Anwälte mit hässlichen Tricks. Anwalt Roger Groner (42) verrät vier.
1. Der Simple
Die Frau kann immer wieder Verschiebungsgesuche stellen oder neue Gutachten in Auftrag geben. Passiert häufig, wenn die Frau möglichst lange am Pensionskassen-Guthaben des Gatten teilhaben will.
2. Der Raffinierte
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