SBB-Tabu-Zone 1. Klasse
Durchgang verboten!

Wie bitte? Wer bei der SBB mit seinem 2. Klasse-Ticket durch ein 1. Klasse-Abteil läuft, muss einen Aufpreis zahlen.
Publiziert: 06.10.2010 um 17:08 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:14 Uhr
Welcher Zug als Anschluss-Zug gilt, bestimmt immer noch die SBB
Foto: Keystone

Pendler Tobias S.* aus Basel ist wütend. Der Besitzer eines 2. Klasse GAs will wie jeden Morgen kurz vor Zürich durch die erste Klasse zum vordersten Wagen laufen. «Das machen viele. Ich habe am HB vier Minuten um meinen Anschlusszug zu erreichen, darum steige ich ganz vorne bei der ersten Klasse aus», so der Pendler zu Blick.ch.

Nicht so gestern Dienstag: Beim Durchgang von der zweiten in die erste Klasse stellt sich ihm ein Kontrolleur breitbeinig in den Weg. Kein Durchgang! Er hatte eben erst die Billette kontrolliert und wusste, dass Tobias S. nur ein GA der 2. Klasse besitzt.

Den Pendlern wird der Durchgang verwehrt


«Ich erklärte ihm meine Situation, doch er schickte mich ziemlich forsch zurück», so der verärgerte Pendler. Ohne ein gültiges Ticket habe er hier nichts zu suchen und sowieso habe man in Zürich nie weniger als sieben Minuten Zeit umzusteigen. Als weitere Pendler dazu kommen, stellt sich der eifrige Gesetzeshüter vor die Schiebe-Türe. Heute kommt hier niemand durch – ausser man zahlt den 1. Klasse-Zuschlag.

Bei der SBB kennt man das Phänomen der Pendler, die kurz vor dem Bahnhof in den vordersten Wagen laufen. Pressesprecher Daniele Pallecchi erklärt gegenüber Blick.ch: «Die Tarif-Bestimmungen sind eindeutig. In der ersten Klasse darf sich nur aufhalten, wer für diese auch ein Ticket oder Abo besitzt.»

Was ein Anschluss-Zug ist, bestimmt die SBB

Wer kurz vor Abfahrt nach einem Sprint gerade noch den letzten Wagen eines Zuges erreicht, also ein Abteil der ersten Klasse, muss theoretisch einen Aufpreis zahlen.

Zudem: Als Anschlusszug gilt nur, was im SBB-Fahrplan als solcher angegeben wird. «Die Mindestzeit für das Umsteigen ist für jeden Bahnhof einzeln definiert. In Zürich sind das sieben Minuten. Echte Fahrplan-Anschlüsse warten den Zug ab. Es gibt also keinen eigentlichen Grund zum Gang durch die erste Klasse», rechtfertigt sich der SBB-Sprecher. Frühere Züge gelten als «Turnschuh-Anschluss» und werden im Fahrplan nicht aufgeführt.

Pech für Tobias S. Immerhin: Pallecchi appelliert an den gesunden Menschenverstand der Kontrolleure. «Wir müssen hier zwischen zwei Bedürfnissen abwägen. Einerseits der Kunde der ersten Klasse, der mehr bezahlt und ein Recht auf Ruhe hat, andererseits der Kunde aus der zweiten Klasse, der im Kopfbahnhof möglichst weit vorne aussteigen will. Unsere Zugbegleiter sind für ihr Augenmass bekannt. Wenn jemand drei Minuten vor Ankunft am Bahnhof durch die erste Klasse läuft, werden sie auch mal ein Auge zu drücken.»

Der Pendler aus Basel wählt schliesslich den Ausgang aus der 2. Klasse und verpasst seinen Zug. Einen Aufpreis muss der 25-Jährig übrigens auf jeden Fall bezahlen: Ab dem 12. Dezember kostet sein GA der 2. Klasse nämlich 200 Franken mehr als bisher. Die SBB erhöht mit dem Fahrplanwechsel die Preise. (rrt)

*Name der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?