Wo früher auf jedem Brief der individuelle Versandort stand, wird in Zukunft womöglich nur noch eine von drei Ortschaften gestempelt sein: Härkingen SO, Schlieren ZH oder Eclépens VD.
Ein Pilotprojekt dafür startete die Post im März in allen Gebieten, die mit der Postleitzahl 60 beginnen: Region Luzern, Kanton Obwalden und Hasliberg im Kanton Bern. Praktisch alle Briefe, die in dieser Umgebung eingeworfen werden, kommen ungestempelt ins Briefzentrum im Kanton Solothurn. Dort werden sie automatisch sortiert und mit dem Härkingen-Stempel versehen.
Weniger Fehler mit automatischer Abfertigung
«In der automatischen Sortieranlage passieren möglicherweise weniger Fehler, als wenn die Briefe in vielen verschiedenen Filialen – vielleicht gar unter Zeitdruck – von Hand gestempelt und vorsortiert werden», sagt Oliver Flüeler, Mediensprecher der Post zur «Neuen Luzerner Zeitung».
Den individuellen Ortsstempel gibt es nur noch, wenn der Brief am Postschalter abgegeben wird. Einzelne Filialen schicken die abgegebene Briefpost aber auch heute bereits unberührt ins Zentrum. Dort muss der Wunsch nach dem Ortsstempel explizit erwähnt werden. Zumindest noch während des Pilotprojekts bis Ende Jahr, soll dies möglich sein. Danach werde entschieden, ob das neue System in der ganzen Schweiz eingeführt wird – und ob die Stempel dann komplett aus den Postfilialen verschwinden.
Sammellust wird minimiert
Diese Aussichten lässt Sammler um die Zukunft ihrer Leidenschaft bangen. «Auch heute werden Poststempel gesammelt, wenn auch nicht mehr in dem Umfang wie früher», erklärt Christian Holling, Kommunikationsbeauftragter des Auktions- und Philateliegeschäft Rölli in Luzern. Vor allem Sammler thematischer Gebiete seien darauf angewiesen, dass beispielsweise Ortswerbestempel benutzt würden oder Stempel, die das gleiche Sujet wie die Briefmarke haben.
Das Pilotprojekt der Post werde die Sammellust wohl weiter minimieren. «Wenn die Individualität der Handabstempelung verschwindet, droht der Bereich für die Philatelie verloren zu gehen.» Dies sei ein weiterer Schritt in einer «sehr problematischen» Entwicklung aus Sammlersicht. Er vertraue darauf, dass man seine Briefe auf Wunsch auch weiter in jeder Filiale stempeln lassen kann: «Dies ist eine Grundlage der Philatelie.» (kra)