Die Sprecherin des Kremlkritikers, Kulle Pispanen, zeigte sich unbeeindruckt. Chodorkowski werde «seine Reisen in keinster Weise wegen der Entscheidungen der Vampire des Kreml» einschränken, sagte sie am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.
Anfang Dezember hatte die Polizei ein altes Verfahren wieder aufgenommen. Es lägen Beweise vor, dass Chodorkowski 1998 den Mord am Bürgermeister der sibirischen Stadt Neftejugansk in Auftrag gegeben habe, hiess es. Chodorkowski kritisierte das Verfahren als «politisch motiviert» und sprach von einer «Farce».
Am Dienstag waren zudem die Büros der von Chodorkowski gegründeten Stiftung Open Russia durchsucht worden. Die Durchsuchungen stünden im Zusammenhang mit einem Fall aus dem Jahr 2003, in den Chodorkowski und dessen Partner verwickelt gewesen seien, berichtete die Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Chodorkowski hatte im wirtschaftlichen Chaos nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion riesige Reichtümer angehäuft und kontrollierte den Ölkonzern Yukos. Später überwarf er sich mit Präsident Wladimir Putin und wurde 2003 wegen Steuerhinterziehung verhaftet. 2013 kam er aus einem Arbeitslager wieder frei.
Chodorkowski zog nach seiner Freilassung mit seiner Frau und seinen Kindern nach Rapperswil-Jona SG. Dort lebt die Familie allerdings seit Oktober nicht mehr, wie sein ehemaliger Kommunikationsbeauftragter Werner Schaeppi von der Zuger Agentur Creafactory der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage sagte. Chodorkowski habe sich bei der Gemeinde offiziell abgemeldet und sei in Richtung London weitergezogen.
Sollte der ehemalige Oligarch trotzdem zurück in die Schweiz kommen, wäre eine Auslieferung an Russland theoretisch möglich, gestützt auf das Europäischen Auslieferungsübereinkommen, das beide Staaten ratifiziert haben. Dies hatte der Sprecher des Bundesamts für Justiz (BJ), Folco Galli, Mitte Dezember der sda bestätigt.
«Gemäss Rechtsprechung kommt allerdings eine Auslieferung nur in Frage, wenn die russischen Behörden Garantien für die Einhaltung der Grundrechte abgeben», sagte Galli.
Nach seiner Freilassung gründete Chodorkowski seine Bewegung zur Sammlung der schwachen proeuropäischen Kräfte in Russland. Anfang Dezember rief er von seinem Londoner Exil zu einer «Revolution» in Russland auf. Putin warf er einen verfassungswidrigen «Staatsstreich» vor.