Rüffel für Zürcher Justiz
«Carlos» erringt Teilsieg vor Bundesgericht

Das Bundesgericht hat «Carlos», oder Brian K., wie er mit richtigem Namen heisst, einen kleinen Teil-Sieg beschert. Das Zürcher Obergericht muss erneut über die Entlassung aus der Sicherheitshaft entscheiden. Allerdings wird das nichts an seinem Haftregime ändern.
Publiziert: 16.07.2021 um 12:00 Uhr
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Brian bringt das Schweizer Justizsystem an seine Grenzen. Deshalb soll er eine Therapie machen. Doch bislang weigert er sich und wehrt sich am Mittwoch dagegen vor dem Zürcher Obergericht.
Foto: Screenshot Rundschau SRF

Teil-Sieg für Brian K. (25) alias Carlos. Das Zürcher Obergericht muss erneut über die Verhaftung des Problemhäftlings entscheiden. Das hat das Bundesgericht entschieden.

Das Zürcher Obergericht habe seinen Entscheid, weshalb Brian nicht per sofort aus der Sicherheitshaft entlassen werde, «unzureichend begründet», schreibt das Bundesgericht in seinem Urteil vom Freitag.

Bleibt weiterhin in Isolation

Der Entscheid bestehe aus einer nur knapp zweiseitigen Begründung und sei damit «sehr rudimentär» ausgefallen. Das bedeute nicht, dass der Entscheid des Obergerichtes inhaltlich falsch sei. Aus formellen Gründen müsse sich das Obergericht aber erneut damit befassen.

Brians erneutes Gesuch um sofortige Entlassung aus der Sicherheitshaft wies das Bundesgericht jedoch ab. Er bleibt also bis auf Weiteres in Isolation in der Strafanstalt Pöschwies.

Und auch wenn das Obergericht nun in der zweiten Runde anders entscheiden sollte: Am Haftregime wird das nichts ändern, denn dieser Entscheid betraf nur eine Zeitdauer von drei Wochen.

Konkret handelte es sich um jene drei Wochen zwischen dem Gerichtsprozess gegen Brian vor Obergericht und der mündlichen Urteilseröffnung. Der Prozess fand am 26. Mai statt, die Urteilseröffnung am 16. Juni.

Keine Änderung am Haft-Regime

Das Obergericht entschied damals nach kurzer Beratung, dass Brian auch für diese Zeit nicht aus der Isolation entlassen werde. Seine Anwälte, welche die anhaltende Isolation als Folter bezeichnen, wollten dies nicht akzeptieren und zogen vor Bundesgericht. Dass sie nun einen Erfolg erzielten, ändert für Brian jedoch nichts.

Das Obergericht verurteilte den 25-Jährigen schliesslich wegen zahlreicher Vorfälle im Gefängnis zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 4 Monaten, wegen Körperverletzung, Beschimpfung, Drohung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Sachbeschädigung.

Eine «kleine Verwahrung», also eine Therapie hinter Gittern, fand das Obergericht nicht zielführend, weil Brian sich nicht therapieren lassen will. Mit einer einfachen Freiheitsstrafe erhält er aber die Chance, irgendwann wieder in Freiheit zu kommen.

Nächstes Verfahren läuft bereits

Allerdings führt die Staatsanwaltschaft bereits ein nächstes Verfahren wegen 30 weiteren Delikten hinter Gittern. Falls dieses Verfahren ebenfalls in eine Freiheitsstrafe mündet, kommt diese dann noch zu den 6 Jahren und 4 Monaten dazu.

Der Fall Brian ist inzwischen auch ein Fall für den Bund. Der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, verlangte von Bundesrat Ignazio Cassis (FDP) schriftlich eine Stellungnahme zu Brians Haftbedingungen.

Isolationshaft dürfe gemäss Uno-Standards nur in Ausnahmefällen angewendet werden und nicht länger als 15 Tage. Brian sitzt nun seit fast drei Jahren allein in einer Zelle. Bis in einem Monat soll die Stellungnahme des Bundes vorliegen. (zis/SDA)

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