Der Überfall von Belp BE hat die Schweizer Rockerszene in Aufruhr versetzt. Im Mai waren Dutzende von Bandidos, Hells Angels und Broncos bei einer brutalen Auseinandersetzung am Dorfrand aufeinander losgegangen – SonntagsBlick berichtete.
Gemäss Zeugenaussagen waren die Angehörigen der Motor-Clubs (MCs) mit Fäusten und Knüppeln aufeinander losgegangen. Auch Schüsse fielen. Mehrere Rocker wurden schwer verletzt.
34 der Beteiligten nahm die Polizei nach der blutigen Begegnung fest, mehrere landeten in Untersuchungshaft. Seitdem ermittelt eine Sonderkommission der Polizei, die sogenannte Soko Rocker.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Rivalität der beiden Clubs Bandidos MC und Hells Angels, die sich gegenwärtig international neu formieren. In der Schweiz geben derzeit noch die Hells Angels den Ton an.
Hells Angels könnten Monopol verlieren
Das könnte sich bald ändern: Kürzlich reisten fünf Bandido-Sympathisanten aus Bern ins südspanische Málaga; dort wurden sie formell als Anwärter aufgenommen.
Bestehen die Kandidaten, «Prospects» genannt, ihre einjährige Probezeit, erlangen sie den Status «Probationary» (Mitglied auf Bewährung). Eine Vollmitgliedschaft ist frühestens nach anderthalb Jahren möglich.
In der Motor-Club-Szene wird erwartet, dass die fünf Bandidos nach bestandener Probezeit ein sogenanntes «Chapter» in der Schweiz eröffnen, einen eigenen Landesverband. Die seit 1970 in der Schweiz als Weltklub auftretenden Hells Angels würden ihr Monopol verlieren.
Treibende Kraft hinter dem Aufbau des Schweizer Chapters sind zwei Bandidos, der Österreicher Mike K.* und der im Kanton Bern aufgewachsene Secondo Javier G.* Beide sind bereits Vollmitglieder ausländischer Bandido-Clubs: G. beim Chapter Thessaloniki, K. in Málaga. Der Österreicher war es auch, der die fünf Berner Anwärter rekrutierte. Vier von ihnen sind als Ex-Mitglieder der Broncos bekannt, zwei hatten beim Chapter Westside sogar eine höhere Funktion – als Vice President beziehungsweise Sergeant at Arms. Doch weil sie mit einem sogenannten «Patchover» liebäugelten, dem Wechsel zu den Bandidos, wurden sie aus dem Klub geworfen.
Polizei warnt
Nicht nur in der Rocker-Szene, sondern auch bei den Sicherheitsbehörden dürften die Nachrichten über grenzüberschreitende Aktivitäten der Bandidos für Nervosität sorgen. Denn fast immer, wenn rivalisierende Rockergruppen aufeinandertreffen, kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Das Bundesamt für Polizei warnt in einer aktuellen Stellungnahme: «In der Schweiz ist ein ernst zu nehmendes Konfliktpotenzial in der Szene der Rocker- und rockerähnlichen Gruppierungen vorhanden.»
*Namen bekannt
Seit dem Rocker-Überfall von Belp BE ermittelt eine Sonderkommission der Kantonspolizei Bern mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei – es gab zahlreiche Einvernahmen, in mehreren Fällen wurde Untersuchungshaft angeordnet.
Die Ermittlungen sind weit fortgeschritten, teilt die Staatsanwaltschaft Bern auf Anfrage von SonntagsBlick mit. Dennoch sei nicht absehbar, wann es zum Prozess kommt, da «zahlreiche Personen beschuldigt würden».
Neben Mike K. sass der Thuner Bandido Javier G. vorübergehend im Gefängnis. Nach wie vor in Untersuchungshaft ist der Berner Philip B.* (Bild). Gemäss Ermittlungen der Polizei soll er in Belp eine Waffe gezogen und geschossen haben. Entsprechende Aussagen würden von Spuren gestützt, die bei ihm sichergestellt worden sind. Deshalb führt die Staatsanwaltschaft gegen ihn eine Untersuchung wegen versuchter Tötung, allenfalls wegen schwerer oder einfacher Körperverletzung sowie Raufhandel. Cyrill Pinto
* Name bekannt
Seit dem Rocker-Überfall von Belp BE ermittelt eine Sonderkommission der Kantonspolizei Bern mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei – es gab zahlreiche Einvernahmen, in mehreren Fällen wurde Untersuchungshaft angeordnet.
Die Ermittlungen sind weit fortgeschritten, teilt die Staatsanwaltschaft Bern auf Anfrage von SonntagsBlick mit. Dennoch sei nicht absehbar, wann es zum Prozess kommt, da «zahlreiche Personen beschuldigt würden».
Neben Mike K. sass der Thuner Bandido Javier G. vorübergehend im Gefängnis. Nach wie vor in Untersuchungshaft ist der Berner Philip B.* (Bild). Gemäss Ermittlungen der Polizei soll er in Belp eine Waffe gezogen und geschossen haben. Entsprechende Aussagen würden von Spuren gestützt, die bei ihm sichergestellt worden sind. Deshalb führt die Staatsanwaltschaft gegen ihn eine Untersuchung wegen versuchter Tötung, allenfalls wegen schwerer oder einfacher Körperverletzung sowie Raufhandel. Cyrill Pinto
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