Männer mit weissem Vollbart und roten Roben ziehen seit Tagen durch die Strassen: Es ist Samichlaus-Zeit! Heute feiert der Weihnachts-Vorbote seinen jährlichen Höhepunkt.
René Berset (75) ist Gründungsmitglied und Präsident der St. Nikolaus-Gesellschaft Bülach – einer der grössten Nikolausgesellschaften im Zürcher Unterland. Rund 250 Familien und 70 Anlässe besuchen die 18 Bülacher Chläuse dieses Jahr.
Berset, der pensionierte Treuhänder, verwandelt sich seit 60 Jahren alljährlich in den weltbekannten Bischof und zaubert den Kindern ein Lächeln ins Gesicht. Das war aber nicht immer so. Als Gründungsmitglied und aktiver Chlaus konnte er die Entwicklung des Brauchs in den letzten Jahrzehnten hautnah miterleben.
BLICK: Was ist die grösste Veränderung seit Beginn Ihrer Samichlaus-Karriere?
René Berset: Die Eltern verlangten früher vom Chlaus, dass er die Kinder fast schon mit der Fitze züchtigt. Heute hat sich das Bild gewandelt: Der Samichlaus soll Freude bringen. Wir haben die Fitze nur noch als Dekoration mit dabei. Der Samichlaus wird mittlerweile als positive Persönlichkeit wahrgenommen, die Kinder fürchten sich nicht mehr vor seinem Besuch.
Unterscheidet sich mit dem neuen Samichlaus-Bild auch die Aufgabe der Chläuse?
Wir pflegen heute vor allem den Brauch, die Erziehungsaufgabe tritt in den Hintergrund: Die Kinder sollen Freude haben, wenn der Samichlaus vorbeikommt. Unser Job ist dadurch noch viel schöner als früher.
Wie hat sich die Sprüchli-Kultur der Kleinen entwickelt?
Dieser Brauch wird nach wie vor sehr gut gepflegt und geschätzt. Die Kinder sagen viele schöne, auch neue Sprüchlein auf. Die sind bislang alle auf Deutsch – obwohl rund 20 Prozent der Besuche bei Familien aus dem Balkan oder italienischen Raum sind. Es gab jedoch eine Zunahme an musikalischen Einlagen: Die Kinder spielen dem St. Nikolaus heute viel öfter etwas auf dem Klavier, der Gitarre oder ihrem jeweiligen Instrument vor!
Mit welchen Schwierigkeiten kämpft der moderne Chlaus?
Heutzutage gibt es definitiv mehr Patchwork-Familien als früher. Das heisst, die Familiensituation ist für den Samichlaus schwieriger einzuschätzen. So kann er zum Beispiel den Mann im Raum nicht mehr automatisch als Vater ansprechen, oder die Frau ist nicht generell das Mami. Solche Details weiss aber der Chlaus meist im Voraus – durch die Angaben der Familie. Schwierig ist es auch, wenn die Eltern den Chlaus unterm Jahr zur Erziehung missbrauchen und mit seinem Tadel drohen. Denn wir bringen Freude und wollen keine Angst verbreiten.
Welche Tugenden werden heute von den Kindern gefordert?
Es sind die gleichen Problemchen wie seit eh und je: Sie sollen Zähne putzen, das Zimmer aufräumen, den Eltern gehorchen, lieb zu den Geschwistern sein – die Kinder haben sich in dieser Hinsicht wohl kaum verändert.»
Was findet der Samichlaus das Beste an seinem Beruf?
«Strahlende Kinderaugen!
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