Religion
Bosnische Muslime bekennen sich in Erklärung zu Schweizer Werten

Der Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds hat in Sarajevo den bosnischen Grossmufti getroffen und mit ihm eine gemeinsame Charta unterzeichnet. Darin bekennen sich die bosnischen Muslime zu Rechtsstaat und Gleichberechtigung nach Schweizer Vorbild.
Publiziert: 16.05.2017 um 10:35 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:35 Uhr
Muslime beten in der Moschee der Bosnischen Moslemischen Gemeinschaft in Emmenbrücke LU das Freitagsgebet. (Archiv)
Foto: Keystone/SIGI TISCHLER

SEK-Präsident Gottfried Locher und Grossmufti Husein Kavazovic unterzeichneten das Dokument am vergangenen Freitag, im Beisein von Bakir Izetbegovic, der für die muslimischen Bosniaken im Staatspräsidium sitzt. Locher sei auf Einladung des Oberhauptes der bosnischen Muslime nach Bosnien und Herzegovina gereist, teilte der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) am Dienstag mit.

In der sogenannten «Sarajevo Message» bekennen sich die Muslime zu den schweizerischen Werten. Explizit genannt wird, dass alle Menschen frei seien, ihre Religion zu wählen. Zudem wird religiös motivierter Terrorismus verurteilt, unabhängig davon, in welcher Religion er auftritt.

Kavazovic sagte laut der Medienmitteilung, dass sich die bosnischen Muslime Europa zugehörig fühlten und den wachsenden Einfluss der Golfstaaten im Land mit Sorge betrachteten. Es gelte, die Beziehungen mit der EU und der Schweiz zu stärken.

Anlässlich seines Besuchs im Balkanstaat besuchte Locher auch die Dauerausstellung zum Genozid von Srebrenica. Im Juli 1995 hatten bosnisch-serbische Truppen in der UNO-Schutzzone Srebrenica 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet.

Zudem informierte er sich über Projekte der katholischen und orthodoxen Kirchen sowie der jüdischen und islamischen Glaubensgemeinschaften, die der Versöhnung dienen. Der SEK-Präsident zeigte sich von dieser interreligiösen Arbeit beeindruckt.

«Das Gespräch zwischen den Religionen trägt hier direkt zum politischen Frieden bei», wird Locher in der Medienmitteilung zitiert. Es gäbe keine Alternative zu diesem Gespräch - «nicht in Bosnien und nicht in der Schweiz.»

Die bosnischen Muslime sind nicht die ersten, die sich schriftlich zu Schweizer Werten wie Laizismus und Rechtsstaat bekennen. Erst im März unterzeichneten die zwei wichtigsten Vereinigungen von albanischen Muslimen in der Schweiz ein gemeinsames Bekenntnis, in dem sie sich zur Trennung von Religion und Staat sowie dem Vorrang der Schweizer Gesetzgebung vor allen religiösen Regeln bekennen.

Die muslimische Gemeinschaft in der Schweiz wird auf 450'000 Personen geschätzt. Innerhalb dieser Glaubensgemeinschaft bilden die Muslime bosnischer, türkischer und albanischer Abstammung die grössten Gruppen.

Im Jahr 2015 zählte das Bundesamt für Statistik in der Schweiz 14'000 Personen aus Bosnien und Herzegovina, die muslimischen Glaubens sind. Dabei wurden allerdings nur Personen berücksichtigt, die älter als 15 Jahre alt sind.

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