Sie wollten einen schönen Tag auf dem Eggishorn verbringen. Gemeinsam einen Teil der Gratwanderung absolvieren. Doch der Ausflug endete für eine Regenbogenfamilie aus den Niederlanden mit Wut im Bauch und vielen Tränen.
Der Grund: Ärger am Ticketschalter der Aletsch Bahnen. Dem schwulen Paar und den beiden Töchtern wurde ein Familienticket verwehrt. Als Begründung gab die Aletsch-Bahnen-Mitarbeiterin an, dass solche Billette nur an «Traditionsfamilien» vergeben würden. Also aus ihrer Sicht: Vater, Mutter, Kind.
Sie könnten es ja online versuchen, aber von der Dame würden sie das Ticket nicht bekommen, schildert Tobias M.*, einer der schwulen Männer, die Szene später auf Facebook. Schliesslich hätten sich auch andere Gäste eingemischt und sich für die Regenbogenfamilie eingesetzt – mit Erfolg. Am Ende bekamen die Niederländer nach langer Diskussion das Familienticket.
«Die Aletsch Bahnen sind selbstverständlich weltoffen»
Doch der Schock sitzt nach dem Schalter-Vorfall tief. Er und sein Mann seien seit 18 Jahren verheiratet, seit 20 Jahren würden sie jedes Jahr in den Ferien in die Schweiz kommen und hätten sich immer bei den Aletsch Bahnen wohlgefühlt, schreibt er. Das war einmal. Nun fühlen sie sich «schwer beleidigt, zutiefst diskriminiert aber vor allem ausgeschlossen», schreibt Tobias M. weiter auf Facebook.
Nach dem Ticket-Wirbel entschuldigt sich das Unternehmen. «Wir bedauern zutiefst den Vorfall und entschuldigen uns in aller Form dafür. Die Aletsch Bahnen sind selbstverständlich weltoffen. Bei uns sind alle Gäste herzlich willkommen, selbstverständlich auch Regenbogenfamilien», schreibt CEO Valentin König an die Familie, wie Tobias M. auf Facebook später bekannt gibt. Damit ist die Sache für die Niederländer erledigt.
Mitarbeiterin arbeitete seit drei Jahren bei den Aletsch Bahnen
Allerdings hat der Vorfall für die Mitarbeiterin ein Nachspiel. Sie ist ihren Job los. Gefeuert habe man sie aber nicht, stellt der Aletsch-Bahnen-Chef gegenüber Blick klar. «Die Mitarbeiterin war seit drei Jahren jeweils im Sommer und Winter in einem Saisonarbeitsverhältnis bei der Aletsch Bahnen AG angestellt. Wir haben der Mitarbeiterin nicht gekündigt, sondern ihr für den kommenden Winter 2021/22 keinen neuen Arbeitsvertrag abgegeben», sagt König zu Blick.
Diese Entscheidung stehe nicht nur im Zusammenhang zum Vorfall mit der Familie aus den Niederlanden. Schliesslich habe sie auch versucht, durch Nachfragen bei Kollegen die Sache abzuklären.
Und dennoch: Weiter bei den Aletsch Bahnen wird sie nicht mehr arbeiten. Der CEO weiter: «Dass kein neuer Vertrag mit der Mitarbeiterin erstellt wurde, ist die Folge einer Gesamtbeurteilung, die uns zu dieser Entscheidung geführt hat. Diese Gesamtschau führen wir bei jedem Mitarbeitenden durch.» Zum Schluss betont König, dass die Mitarbeitenden nochmals darauf hingewiesen wurden, wie mit Regenbogenfamilien umgegangen werden soll. (jmh)
* Name geändert
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