Trotz Einreisesperre konnte am Samstag ein Rechtsradikaler nicht nur ungestört die Schweizer Grenze überqueren, sondern womöglich auch seine Ausweisung über mehrere Stunden verschieben – obwohl seine Anwesenheit mutmasslich bekannt war.
Bei der Rückschaffung gab es keine Probleme
Nach dem Neonazi-Konzert am 15. Oktober in Unterwasser SG mit bis zu 6000 Besuchern wollten die Behörden bei einem Anlass der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) in Kaltbrunn SG am vergangenen Samstag mehr Vorsicht walten lassen: Das Bundesamt für Polizei (fedpol) verhängte eine Einreisesperre für Philipp Neumann, Sänger der rechtsradikalen Band «Flak» aus Deutschland.
Die Kantonspolizei St. Gallen bestätigte dies am Sonntag: «Es stimmt, dass gegen eine Person eine Einreisesperre verfügt wurde. Eine weitere Person ist freiwillig ausgereist.» Bei der Rückschaffung habe es keine Probleme gegeben.
Ein möglicher Grund: Die Polizei liess die Rechtsradikalen laut deren Aussagen selbst bestimmen, wann sie ausreisen wollten. Der Deutsche konnte so vor seinem Abgang noch am Event in Kaltbrunn SG auftreten, behauptet ein Kumpane. Obwohl: «Eine Einreisesperre ist eine behördliche Massnahme, die verfügt wird und dann auch sofort gilt», sagt die Mediensprecherin Lulzana Musliu vom fedpol zu BLICK.
Auf Facebook lacht Neumanns rechtsextremer Kamerad und Reisegspänli Sven Skoda vom «Widerstand West» über die Handhabung der Sperre. Sie hätten zwar von der Massnahme gehört, konnten aber trotzdem ohne Probleme die Grenze überqueren. Am Versammlungsort hätten ihnen ihre Pnos-Kumpanen mitgeteilt, dass die Polizei von ihrer Ankunft in der Schweiz wüssten und eine Auslieferung gefordert werde.
Verhandelte die Polizei mit den Rechtsradikalen?
«Diese Forderung wurde natürlich abgelehnt», schreibt Skoda auf seinem Profil. Zwischen den Zeilen habe die Polizei durchblicken lassen, dass man über den Zeitpunkt der «Auslieferung» verhandeln könne, um «andere Massnahmen» zu vermeiden. «Der Polizei wurde daher mitgeteilt, dass Phil und ich uns um 22 Uhr bei ihnen melden würden.» Dieses «Angebot» sei angenommen worden.
Nach einem «Grusswort aus Deutschland» und fast zwei Stunden Balladen hätten sie sich dann in die «Obhut der Polizei» begeben. Nach einem Umweg über St.Gallen, wo der Sänger von «Flak» eine Verfügung erhielt bis Mitte November, seien sie an die Grenze gestellt worden.
Einreisesperre muss unterschrieben werden
«Unser Vorgehen hat einen sicherheitspolizeilichen Hintergrund, wir legen unsere Taktik und Strategie nicht offen», sagt Mediensprecher Gian Andrea Rezzoli. Zum zeitlichen Ablauf der Ausweisung will er sich deshalb nicht äussern.
Fakt sei: «Solange der Person die Einreisesperre nicht eröffnet werden kann, hat sie sich nicht illegal in der Schweiz aufgehalten.» Konkret: Die entsprechende Person müsse mit einer Unterschrift bestätigen, dass sie über die Einreisesperre in Kenntnis gesetzt wurde, sagt der Mediensprecher.
«Alles in allem sehr unterhaltsam», schreibt Sven Skoda. Dementsprechend lautet auch sein Fazit: «Wir waren garantiert nicht das letzte Mal in der Schweiz.» (kra)
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