2500 Franken für alle, die wollen: Die Zürcher Grenzgemeinde Rheinau testet das bedingungslose Grundeinkommen. Trotz heftigen Volks-Neins! Die Schweiz schickte die entsprechende Volksinitiative vor genau zwei Jahren mit 76,9 Prozent bachab.
Die Abstimmung hatte aber die Schweizer Filmemacherin Rebecca Panian (39) dazu veranlasst, einen Schweizer Ort zu finden, der sich für ein Grundeinkommens-Experiment zur Verfügung stellt. Nicht zuletzt will die Zürcherin aus dem Stoff einen Film machen.
Und der Gemeinderat von Rheinau mit rund 1300 Einwohnern sagte: «Ja, wir wollen!» Und so liess er das «Bömbchen», wie die News genannt wird, gestern Abend an der Gemeindeversammlung platzen. «Rheinau passt perfekt. Es ist sehr idyllisch, eine wahre Mini-Schweiz», sagt Initiantin Panian.
Die Finanzierung steht noch nicht
Bis Ende August können sich die Dorfbewohner, die jetzt bereits in Rheinau leben, für den Versuch anmelden – so er denn zustande kommt.
Der Haken an der Geschichte: Das nötige Geld ist noch nicht beisammen. Für die Finanzierung ihres Experiments zählen die Organisatoren auf ein Crowdfunding sowie auf Beiträge von Stiftungen. Zudem muss rund die Hälfte der Bevölkerung mitmachen, also 600 bis 700 Personen.
«Es war wundervoll, ich bin fast in Ohnmacht gefallen. Die Leute haben sehr offen reagiert», so Initiantin Panian. «Jetzt können die Stammtisch-Diskussionen losgehen! Es braucht Streit – daraus entsteht genau das, was wir brauchen.»
«Sehr überrascht und hocherfreut» ist auch der ehemalige Bundesratssprecher und «Grundeinkommen»-Initiant Oswald Sigg (74). «Es braucht Zivilcourage, ein solches Projekt aufzugleisen. Das Problem ist die Finanzierung. Das war schon bei der Initiative so – auch wir hatten sie nicht gelöst.»
Oswald Sigg: «Das macht uns alle reicher!»
Der Pensionär ist überzeugt: «Dank diesem Experiment erleben die Menschen, wie positiv sich ein Grundeinkommen auf eine ganze Gemeinschaft und auf jeden Einzelnen auswirkt.»
Doch wie kam der Mann, der jahrzehntelang Seite an Seite mit Bundesräten arbeitete, zu dieser Überzeugung? «Am ersten Montagmorgen, an dem ich dank der Pension nicht mehr arbeiten musste, erlebte ich ein wunderschönes Grundgefühl der Freiheit und des Glücklichseins», so Sigg.
«Statt nicht zu wissen, was ich tun soll, sprudelten die Ideen nur so!» Das Grundeinkommen gäbe den Einzelnen einen kreativen Schub und Fantasie. «Und wenn wir das alle haben, stärkt das am Ende die Schweiz, macht uns alle zufriedener – und reicher.»