Der Rat beschloss am Donnerstag mit 135 zu 33 Stimmen bei 22 Enthaltungen, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Ausser den Grünen lehnten sie fast alle Fraktionen ab. Nur die SP war gespalten. Der Abstimmung ging eine mehrstündig Debatte voraus.
Die Sorge um das schwindende Kulturland und die zunehmende Zersiedelung teilten alle Redner, die ans Mikrofon traten. Die Schweiz müsse haushälterisch mit dem Boden umgehen. Doch die Initiative wolle den Status quo einfrieren und sei zu unflexibel, befand die Mehrheit.
Die Volksinitiative «Zersiedelung stoppen - für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» verlangt, die Ausdehnung der Bauzonen gesamtschweizerisch auf unbestimmte Zeit zu stoppen.
Bei Einzonungen soll künftig eine gleiche Landfläche von vergleichbarer Qualität ausgezont werden. Dies soll Anreiz sein, vorhandenes Bauland effizient zu nutzen anstatt immer mehr Grünland zu verbauen. Das Bauen ausserhalb der Bauzone wollen die Initianten begrenzen.
Kurt Fluri (FDP/SO) wies in seiner Rolle als Städteverbandspräsident auf die Schwierigkeit hin, die geplanten Zonen-Ausgleiche in der Praxis umzusetzen. Durch das Einfrieren der Bauzonenflächen ergäbe sich zudem teilweise eine Baulandverknappung, welche die Wohn- und Lebenshaltungspreise zusätzlich in die Höhe treiben würde.
Thomas Egger (CVP/VS) brachte die Sicht der Bergkantone ein. Die Initiative sei unnötig, schränke die Landwirtschaft ein und greife in die Kantonsautonomie ein. Die Raumplanungsdiskussion drehe sich immer um das Bauen ausserhalb der Bauzonen, etwa den Umbau von Ställen in abgelegenen Tälern. Das wahre Problem sei aber der wachsende Siedlungsbrei im Mittelland.
Aus Sicht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) werden mehrere Kernanliegen der Initiative bereits durch die Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) aufgefangen. Die laufende zweite RPG-Teilrevision werde zudem das Bauen ausserhalb von Baugebieten aufnehmen, sagte Kommissionssprecher Toni Brunner (SVP/SG).
Anderer Meinung war eine links-grüne Minderheit. Das Raumplanungsgesetz schütze den Boden nicht gut genug, kritisierte Balthasar Glättli (Grüne/ZH). Jeden Tag würden in der Schweiz acht Fussballfelder überbaut. «Hören wir endlich auf, den Boden zu opfern.» Dieser sei die knappste nichterneuerbare Ressource.
Mehrere Redner wiesen zudem darauf hin, dass die Verfassung seit der Abstimmung über die «Ernährungssicherheit» vorschreibe, das Kulturland besser zu schützen. Diesen Auftrag gelte es umzusetzen.
Von der Ernährungsgrundlage künftiger Generationen sprach auch Maya Graf (Grüne/BL). Sie erinnerte an die Einführung des Waldgesetzes zu Ende des 19. Jahrhunderts. Damals habe die Politik die «Lebensgrundlage Wald» gesichert - dies sei eine Revolution gewesen. «Wir sollten dasselbe mit dem Kulturland tun.»
Eine von Martin Bäumle (GLP/ZH) angeführte Kommissionsminderheit wollte einen direkten Gegenentwurf unterbreiten. Dieser hätte die Ausdehnung der Gesamtfläche von Bauten verboten, die ausserhalb der Bauzone liegen. Er wurde mit 146 zu 44 Stimmen verworfen.
Der Vorschlag der Grünliberalen sei griffiger, was den Bodenverbrauch betreffe, und flexibler in Bezug auf die Umnutzung von bestehenden Bauten, fasste Bäumle zusammen. So könnten bestehende Gebäude ausserhalb der Bauzone etwa in die Höhe ausgebaut werden.
«Ich freue mich schon darauf, dass meine Kühe den Lift nehmen, um in den dritten Stock zu fahren», entgegnete Pierre-André Page (SVP/FR). Die Gegner störten sich aber vor allem daran, dass künftig der Bau von neuen landwirtschaftlichen Gebäuden wie Laufhöfen oder Hühnerställen kategorisch verhindert würde.
Auch die Errichtung von neuen Sport- oder Kiesanlagen, Antennen oder Strassen würden verunmöglicht, wenn sie ausserhalb der Bauzonen lägen. Der Gegenvorschlag sei noch einschränkender als die Initiative, befand die Mehrheit.
Auch der Bundesrat empfiehlt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Sie fokussiere zu einseitig auf das Schutzbedürfnis des Kulturlandes und zu wenig auf das Nutzungsbedürfnis der Bevölkerung, sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Zudem sei das Timing denkbar schlecht, da die Revision des Raumplanungsgesetzes noch nicht abgeschlossen sei.
Das letzte Wort hat das Volk.