Als Natalie Rickli (40) im Februar 2016 ihre Facebook-Seite checkte, fand sie auf ihrem Konto ein Youtube-Video mit dem Titel «Natalie Rikkli». Es wurde als Kommentar gepostet. Die SVP-Nationalrätin klickte den Beitrag an – und konnte nicht fassen, was sie zu hören bekam. Die beiden ihr unbekannten Musiker Tilt und 200BPM rappten, die Politikerin sei ja vielleicht ganz in Ordnung, wenn sie nur wieder einmal «richtig gfiggt» würde. In diesem Stil geht es weiter. Drei Minuten und 45 Sekunden lang. Sie wird als Schlampe bezeichnet und wiederholt auf primitivste Weise zum Oralverkehr aufgefordert. SonntagsBlick verzichtet darauf, die Passagen im Wortlaut wiederzugeben.
Natalie Rickli zu SonntagsBlick: «Als ich das Lied hörte, war ich schockiert und betroffen. Wie kann man nur so über Frauen denken und sie auf diese Weise beschimpfen und sexuell belästigen?»
Am 24. März 2016 erstattete sie Strafanzeige. Im Februar dieses Jahres gab die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern der SVP-Frau aus Winterthur ZH recht. Die fünf beteiligten Hip-Hopper, Mitglieder des Berner Rap-Kollektivs Chaostruppe, wurden mittels Strafbefehl wegen Verleumdung, Beschimpfung und sexueller Belästigung schuldig gesprochen.
Die Musiker zogen das Urteil weiter
Die Musiker, nach eigenem Bekunden Sozialisten und als Band häufig im Berner Kulturzentrum Reitschule zu hören, zogen das Urteil weiter. Ironie am Rande: Der linksalternative Veranstaltungsort sieht sich als Vorreiter gegen Sexismus. Schon am Eingang prangt das Logo «Kein Sexismus». Wer Frauen belästigte, habe auf dem Gelände nichts verloren, erklären die Reitschule-Betreiber. Diese Woche fand die Hauptverhandlung des Regionalgerichts Bern-Mittelland gegen die frauenverachtenden Musikaktivisten statt. SonntagsBlick beobachtete den sechsstündigen Prozess. Die fünf Angeklagten gaben sich vor dem Tribunal reuig. Auf Anraten ihres Anwalts Tom Schaffner entschuldigten sie sich kleinlaut bei der Klägerin, sie hätten sich bei diesem Song «nicht viel gedacht», der Rap sei gar «nicht für Rickli gedacht gewesen», sondern nur für ihre Fans.
Von Verleumdung und sexueller Belästigung freigesprochen
Der Kniefall verfehlte seine Wirkung nicht. Zwar verurteilte auch EVP-Gerichtspräsidentin Christine Schaer die Musiker, von denen einer als Kinderbetreuer arbeitet. Im Gegensatz zum Antrag der Staatsanwaltschaft aber lediglich wegen Beschimpfung – und auch nur zu einer bedingten Geldstrafe von einigen Hundert Franken. Von Verleumdung und sexueller Belästigung wurden sie dagegen freigesprochen. Kein Wunder, reagierten die Rapper und ihr Anhang, der im Gerichtssaal zahlreich vertreten war, mit kaum verhohlener Genugtuung auf dieses Urteil.
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