«So einen Zwischenfall gab es noch nie in der Schweiz»
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Peter Joder (71):«So einen Zwischenfall gab es noch nie in der Schweiz»

Pyrotechnik-Ausbildner Peter Joder (71) zum Feuerwerksunfall auf Sarnersee
«Es war wohl ein Rohrkrepierer»

In Sarnen geriet das 1.-August-Feuerwerk ausser Kontrolle, es kam zu einem Feuer. Zwei Boote brannten ab. Nun erklärt ein Pyrotechniker, wie so etwas passieren kann. Am Seeufer herrscht derweil noch Explosionsgefahr!
Publiziert: 02.08.2022 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2022 um 22:01 Uhr
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Auf dem Sarnersee geriet das offizielle 1.-August-Feuerwerk der Gemeinde Sarnen am Montagabend ausser Kontrolle.
Foto: Blick Leserreporter
Céline Trachsel

Es knallt und tätschte am Montagabend um 22 Uhr auf dem Sarnersee. Doch statt in den Genuss eines tollen 1.-August-Feuerwerks zu kommen, werden die Zuschauer Zeugen eines seltenen Unfalls bei einem Grossfeuerwerk. Raketen schiessen unkontrolliert in alle Richtungen, statt in einer schönen Choreografie in den Nachthimmel zu steigen. Am Ende gehen zwei Güterschiffe in Flammen auf, von denen aus das Feuerwerk abgeschossen wurde. Die Bootsführer konnten gerettet und die Güterschiffe gegen Mitternacht gelöscht werden.

Blick-Recherchen zeigen: Bei der Firma, die das von Privatpersonen gesponserte, offizielle Feuerwerk der Gemeinde Sarnen OW durchführte, handelt es sich um die Bugano AG aus Neudorf. Geschäftsführer Daniel Bussmann sagt zu Blick: «Wir sind in erster Linie vor allem froh, dass keiner verletzt wurde, weder die Zuschauer noch unsere beiden Bootsführer. Sie arbeiten heute schon wieder.»

Am Seeufer liegen noch Feuerwerkskörper herum

Die Polizei untersucht derzeit noch, wie es zum Unfall kam, deshalb will sich die Bugano AG nicht äussern und auch die Kantonspolizei kann keine weiteren Angaben machen. Am Dienstag teilte sie aber mit: «Durch den Brand und die Explosionen sowie insbesondere die Strömungen auf dem See wurden Feuerwerkskörper auf dem ganzen See verteilt. Teilweise liegen nicht abgebrannte Feuerwerkskörper und Abschussrohre auf dem See und am Ufer.»

Die Polizei entferne die Feuerwerksköper derzeit vom Sarnersee-Ufer. Dennoch könnten Privatpersonen Reste finden. «Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass von den nicht abgebrannten Feuerwerkskörpern eine Gefahr ausgeht», so die Kantonspolizei. Wer etwas finde, solle nichts berühren, sondern die Nummer 117 anrufen.

Bombe explodierte wohl im Rohr statt in der Luft

Doch wie kann es zu einem solchen Vorfall kommen? Die Sicherheitsstandards in der Schweiz gehören zu den schärfsten in Europa, erklärt Pyrotechnik-Ausbildner Peter Joder (71). «Wir hatten schon jahrelang keine Unfälle mehr bei Grossfeuerwerken.» Er glaubt, die Ursache des Feuers vom Montag zu kennen: «Es war mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Rohrkrepierer. Das heisst, eine Bombe explodiert schon im Abschussrohr statt erst in einer gewissen Höhe.»

In solchen Fällen können andere Rohre oder die Abschussvorrichtungen in Brand geraten und weiteres Feuerwerk unkontrolliert abgehen. «Man muss wissen, da ist vieles aus Karton und Holz. Solche Unfälle kann es geben, aber weil alle Abstände eingehalten wurden, wurde auch niemand verletzt.» Er glaubt, die Firma habe keinen Fehler gemacht. «Meistens sind es Produktionsfehler bei den Bomben», so Joder. Dass ein Rohrkrepierer so grossen Schaden anrichte und gleich zwei Schiffe in Brand gerieten, nennt er «eine Verkettung unglücklicher Umstände».

Gemeindepräsident: «Es ist eine gewisse Enttäuschung da»

In Sarnen war der Schock gross. «Nach all den Jahren, in denen wir immer ein schönes Feuerwerk hatten, rechneten wir natürlich nicht mit einem solchen Zwischenfall auf dem See», sagt Gemeindepräsident Jürg Berlinger (53, Mitte). «Aber es herrscht viel Erleichterung über den glimpflichen Ausgang.»

Die Besucher hätten nach etwa fünf Minuten festgestellt, dass beim Feuerwerk etwas ausser Kontrolle geraten sein muss. «Dann hat man von weitem das Feuer auf den Booten gesehen, aber es war wirklich sehr weit weg. Und bald war klar, dass draussen ein Einsatz auf dem See stattfindet. Die Einsatzkräfte waren schnell vor Ort.» Weil sich alles in sicherer Distanz zum Ufer abspielte, sei bei der Bevölkerung keine Panik ausgebrochen. «Wir hatten Glück im Unglück.»

Dennoch räumt der Gemeindepräsident ein: «Natürlich hatten sich alle auf ein weiteres fantastisches Feuerwerk auf dem Sarnersee gefreut, leider ist es anders herausgekommen, das ist schade. Wir haben von Seiten der Einwohnergemeinde ein Budget von 35'000 Franken für die 1.-August-Feierlichkeiten.» Das Feuerwerk wurde durch Dritte gesponsert. Es hätte
25 Minuten dauern sollen.

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