Psychologie-Boom
Ratgeber sind eine Scheinhilfe

Psychologie ist angesagt. Der Ratgeber-Buchmarkt boomt. Auch weil die Autoren viel versprechen. Doch echte Hilfe ersetzen die Bücher nicht.
Publiziert: 08.01.2023 um 09:57 Uhr
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Psychologie-Ratgeber sind gefragt. Viele arbeiten mit Fallbeispielen.
Foto: Shutterstock
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft / Magazin

Psychologie-Ratgeber haben eines gemein: Sie arbeiten mit positiven Fallbeispielen. Claudia wird immer sauer, wenn ihr Freund seine Socken liegen lässt. Sie fühlt sich nicht gesehen von ihm. Wie damals als Kind, als ihre Mutter nie Zeit für sie hatte. Sobald Claudia das weiss, kann sie sagen: «Halt, mache ich nicht mehr.»

Das ist der Sound von Büchern, wie sie auch die Erfolgsautorin Stefanie Stahl schreibt. Und es ist nur die halbe Wahrheit. Auch das liegt in der Natur eines erfolgreichen Psychologie-Ratgebers: Er verspricht einfache Lösungen. Suggerieren, dass sich das Verhalten von bald acht Milliarden Menschen auf ein paar Muster herunterbrechen lässt – die Idee: Kennst du sie, kennst du den Menschen. Ein erhebendes Gefühl.

Doch wer schon mal eine Psychotherapie gemacht hat und sieht, mit welcher Neugier und Geduld eine Therapeutin auch nach Jahrzehnten in eigener Praxis noch das Wesen eines Klienten erkundet, weiss: Jede Person ist einzigartig. Verhält sich manchmal wie aus dem Lehrbuch, sehr oft aber ganz anders als erwartet. Der Mensch, seine Psyche – sie sind komplex. Und Heilung ist ein langwieriger Prozess. Mit viel Arbeit. Viel Scheitern. Und viel Wiederaufstehen. Und irgendwann löst sich etwas. Oder auch nicht – und man lernt, das zu akzeptieren. Das schafft kein Ratgeber, sondern ein Profi, der einen spiegelt.

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