Psychologe zum Tod von Chayenne (†6)
«Für die Mutter ist es ein doppeltes Versagen»

Die Hitze-Tragödie auf dem Campingplatz im Tessin macht sprachlos. Ein Psychologe ordnet für Blick.ch ein, welches Leid die Familie der toten Chayenne (†6) zu tragen hat.
Publiziert: 23.07.2015 um 17:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 02:20 Uhr
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Für Chayenne kam jede Hilfe zu spät.
Von Claudia Mascherin

Anja S.* (40) liess ihr Kind auf dem Campingplatz «La Piodella» in Muzzano TI im Auto zurück. Jetzt ist die 5-jährige Cheyenne tot. Laut Autopsiebericht starb sie durch die Hitze im geschlossenen Auto. Noch auf dem Parkplatz versuchte die Mutter, ihr Kind zu reanimieren – erfolglos. Die Geschwister sahen zu.

Hans-Ulrich Seizer Chefarzt und Stv. des Ärztlichen Direktors in der Privatklinik Meiringen BE erklärt, was ein solch tragischer Verlust bei den Beteiligten auslöst.

Chayennes Mutter wird derzeit im Spital von einem Care-Team betreut. Was geht in ihr vor?
Hans-Ulrich Seizer: Die erste Reaktion ist ein massiver Selbstvorwurf. Es geht um Schuld, Versagen, Ärger über sich selbst. Sie wird sich fragen: «Wie konnte ich so dumm sein?» Suizidale Gedanken kommen auf. Sie denkt: «Ich will am liebsten nicht mehr leben». Aber auch viel Verzweiflung spielt mit. Es ist ein richtiges Mischbild.

Die Mutter hat das Mädchen noch beatmet. Wie beeinflusst das ihre Gefühle?
Dass die Mutter versuchte, ihr Kind zu reanimieren, ist eine normale Reaktion. Gleichzeitig ergibt sich dadurch für die Mutter ein doppeltes Versagen. Sie hat es zum einen im Auto zurückgelassen – und zum andern nicht ausreichend gut reanimiert.

Die Schwestern von Chayenne mussten alles mitansehen. Wer gibt ihnen Halt?
Das gesamte Gerüst der Familie ist durch das Ereignis massiv erschüttert. Mutter und Töchter können sich nicht gegenseitig Halt geben. Der Halt muss von aussen kommen. Freunde, Verwandte und Therapeuten müssen diese schmerzvoll gestörte Familie jetzt stützen.

Laut Bekannten der Familie sind die Eltern geschieden und sprechen kaum noch miteinander. Welcher Rolle übernimmt der Vater?
Das hängt von der aktuellen Beziehungsstruktur ab. Vielleicht kann der schmerzvolle Todesfall die schmutzige Wäsche zurückdrängen. Der Vater könnte dann eine tragende Rolle übernehmen. Aber nur, wenn er es zulässt und die anderen es auch zulassen.

Wie funktioniert die Traumabewältigung?
Wie bei jedem Todesfall muss der Verlust ins Leben integriert werden. Es werden Gedanken da sein: «Wer hat versagt? Wer trägt Schuld?» Ratsam wäre zu Anfang eine Krisenintervention mit der gesamten Familie – also keine Einzeltherapie. Mutter und Kinder sollen das Erlebte zusammen verarbeiten. Mit ihrem Schmerz zusammengehalten werden. Langfristig sind dann auch Einzeltherapien denkbar.

Noch ist nicht klar, warum Chayenne bei der Hitze überhaupt alleine im Auto war. Eine Theorie ist, dass sie vergessen ging. Was halten Sie davon?
Dafür habe ich keine Erklärung und kein Verständnis. Ein Kind wird nicht vergessen. Erst recht nicht von einer mehrfachen Mutter. Sie hat das Kind auch nicht sich selbst überlassen. Das ist für mich kein naheliegendes Motiv. Bei der Motivfrage müssen wir ohnehin sehr zurückhaltend sein. Aber es macht mich schon nachdenklich, dass ein Kind bei diesen Witterungsbedingung im verschlossenen Auto zurückgelassen wurde. Unter diesen Bedingungen konnte sich die Kleine nicht mehr selbst befreien. Setzen durch die Hitze Herzkreislaufprobleme ein, ist ein 6-jähriges Mädchen nicht mehr handlungsfähig.

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