Prozess
Prozess um Wohnbaugenossenschaften: Richter soll befangen sein

Am Montag hat in Mels der Prozess gegen die Verantwortlichen mehrerer Immobilien-Pleiten begonnen. Die Verteidiger forderten, die Hauptverhandlung abzubrechen und neu anzusetzen. Einer der Richter soll befangen sein.
Publiziert: 05.11.2018 um 15:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2018 um 15:36 Uhr
Imposante Kulisse: Am Montag hat in Mels der Prozess gegen die Verantwortlichen eines Netzwerks begonnen, das in krimineller Absicht Bauprojekte in den Sand gesetzt haben soll.
Foto: Keystone-SDA/Nathalie Grand

Seit Montagmorgen stehen die Verantwortlichen eines Netzwerks, das in krimineller Absicht Bauprojekte aufgegleist haben soll, vor Gericht. Die Fälle reichen bis ins Jahr 2005 zurück. Bei der Wohnbaugenossenschaft Isenbach in Illnau-Effretikon ZH verloren über 500 Anleger ihr Geld. Sie investierten in der Regel zwischen 20'000 und 50'000 Franken in Anteilscheine.

Das Genossenschaftskapital von 20 Millionen Franken ging vollends verloren. Während des Konkurses meldeten sich 210 Gläubiger mit Forderungen von über 43 Millionen Franken.

Die Beschuldigten waren auch in die Planung verschiedener Bauprojekte im St. Galler Rheintal involviert. Im Fall der gescheiterten Genossenschaft Bad Rans, die in Sevelen SG (140 Millionen Franken) und Buchs SG (20 Millionen Franken) Hotels plante, aber nie baute, sollen sie 6,2 Millionen Franken an Investorengeldern als «Promotionshonorare» eingestrichen haben.

Die Verwaltungsräte sollen sich zudem ein «Verkaufshonorar» von 1,5 Millionen Franken zugeschanzt haben. Dieses war nicht von Leistungen abhängig, sondern bloss an den Verkauf geknüpft, was aufgrund der Statuten eine verbotene Gewinnbeteiligung darstellt.

Das Ausmass der Hauptverhandlung sprengte den Rahmen des Gerichtsgebäudes in Mels. Das Kreisgericht Werdenberg-Sargansland verlegte den Prozess deshalb in das Theorielokal der Feuerwehr.

Die rund 20 Prozessbeteiligten nahmen am Montag in den Bankreihen Platz, wo sonst Feuerwehrleute ausgebildet werden. Hinter dem fünfköpfigen Gericht waren die rund 50 Kartonschachteln mit den Prozessakten aufgetürmt.

In der ersten Bankreihe sassen die beiden Staatsanwälte. Rechts und links hinter ihnen die Beschuldigten, fünf Männer und eine Frau, mit ihren Anwälten.

Nicht anwesend waren zwei, der insgesamt acht Beschuldigten. Ein Beschuldigter ist unbekannten Aufenthalts. «Der Mann soll vor zwei Wochen in der Dominikanischen Republik verhaftet worden sein», sagte der Gerichtsvorsitzende. Ob er dem Gericht zugeführt werden könne, müsse sich noch weisen. Sein Verteidiger nahm an der Verhandlung teil.

Die Verhandlung gegen einen weiteren Beschuldigten, der aus gesundheitlichen Gründen dispensiert wurde, soll zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden.

Im Rahmen der Vorfragen beantragten mehrere Verteidiger die Verhandlung abzubrechen und neu anzusetzen. Die Voraussetzungen für ein Abwesenheits-Verfahren seien nicht erfüllt, sagten sie. Zudem wurde kritisiert, dass einer der Anwälte über mehrere Jahre zwei Beschuldigte vertrat, was zu einem Interessenkonflikt geführt habe. Ausserdem habe die Anklage kein einziges Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen eingeholt.

Einer der Kreisrichter, ein Geologe, der in die Planung der Genossenschaften Isenbach und Bad Rans involviert gewesen sein soll, sei befangen, sagten mehrere Verteidiger.

Die Anklageschrift zurückzuweisen wollte auch der Anwalt des ehemaligen Verwaltungsrats-Präsidenten der Baugenossenschaften. Einer der Staatsanwälte sei befangen. «Mein Mandant kann nicht von einem gerechten Verfahren ausgehen», sagte er. Die Hausdurchsuchung bei seinem Mandanten sei mangelhaft gewesen.

Der Verteidiger eines Zimmermanns aus dem St. Galler Rheintals verlangte, das Verfahren gegen seinen Mandanten wegen überlanger Dauer einzustellen. «Die Kunde, dass mein Mandant in den Konkurs der Wohnbaugenossenschaft Bad Rans involviert gewesen sein soll, verbreitete sich wie ein Lauffeuer», so der Anwalt.

Die beiden Staatsanwälte sahen hingegen keinen Grund, die Verhandlung abzubrechen. Der verhaftete Beschuldigte könne allenfalls noch während des Prozesses ausgeliefert werden.

Der Einwand der Befangenheit eines Richters komme verspätet. Dieser habe vor elf Jahren ein Gutachten zur Thermalquelle Bad Rans erstellt. Auch sei die Verfahrensdauer nicht übermässig lang.

Die Beschuldigten stehen wegen Delikten des Insolvenzstrafrechts, wegen Betrugs, Urkundenfälschung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Veruntreuung vor Gericht. Ihnen drohen mehrjährige Freiheitsstrafen.

Das Gericht gibt am Dienstagmorgen bekannt, ob die Hauptverhandlung wie geplant mit der Befragung der Beschuldigten fortgesetzt wird.

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