Psychiater über Maries Killer
«Solche Psychopathen ändern sich nicht»

Der 39-Jährige Angeklagte im Mordfall Marie ist in den Augen der beiden psychiatrischen Gutachtern «nicht therapierbar». Nur der eine von ihnen plädierte jedoch für eine lebenslange Verwahrung. Das Urteil wird am 24. März gefällt.
Publiziert: 09.03.2016 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2018 um 20:37 Uhr
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Maries Killer Claude Dubois steht ab heute in Renens VD vor Gericht.
Foto: KAPO VD
Gabriela Battaglia

Der Neuenburger Psychiater und Gutachter Philippe Vuille bekräftigte am Mittwochmorgen vor dem Strafgericht in Renens VD sein hartes Urteil gegenüber dem mutmasslichen Mörder von Marie: Dieser sei ein Psychopath mit sadomasochistischen, dominanten und exhibitionistischen Zügen, bei dem eine hohe Rückfallgefahr bestehe.

Ausserdem habe er beim 39-jährigen Angeklagten multiple Störungen der sexuellen Vorlieben erkannt. Viele Menschen integrierten solche Vorlieben in sexuellen Spielen. Beim Angeklagten sei das anders.

Die am 13. Mai 2013 in Payerne VD entführte und mit ihrem eigenen Gürtel erdrosselte 19-jährige Marie habe von den «bösen Augen, dem bösen Blick» des Angeklagten gesprochen. Ab einem bestimmten Moment habe sie wohl begriffen, «dass es sich nicht um ein Spiel handelte».

Laut Vuille hat der mutmassliche Mörder der jungen Frau ein Bedürfnis, zu dominieren. Zudem empfinde er Freude daran, andere Menschen zu quälen und zu zerstören. Der Mann spiele mit Gefühlen, lüge schnell und könne selbst Psychiater täuschen. Vuille sagte, er habe in seiner Praxis genügend Erfahrung mit solchen Menschen gesammelt. Er habe mindestens drei oder vier Menschen mit den gleichen psychopathischen Störungen gesehen, die gemordet hätten.

Aus seiner Praxis könne er sagen, dass sich «solche Menschen nicht änderten und nicht therapiert werden könnten». Der Angeklagte werde bis zu seinem Tod an seiner Störung leiden, für ihn gebe es keine Therapie. Er sei «unheilbar». Von einem Psychotherapeuten zu verlangen, einen solchen Menschen zu therapieren, bedeute, von ihm «übernatürliche Fähigkeiten» zu erwarten.

Eine lebenslange Verwahrung des Angeklagten sei aufgrund dieser Diagnose angezeigt, zeigte sich der Neuenburger Experte überzeugt. Persönlich habe er zwar gegen die Verwahrungsinitiative gestimmt und finde diese lebenslange Verwahrung einen Blödsinn. Trotz allem sei die Schweiz aber ein Rechtsstaat und es gelte, Abstimmungsresultate zu respektieren.

Am Nachmittag wurde die Verhandlung mit der Befragung des zweiten Gutachters, dem Solothurner Lutz-Peter Hiersemenzel, fortgesetzt. Er legte dar, dass er in den meisten Punkten grundsätzlich mit seinem Kollegen übereinstimme. Es gebe nur wenige Abweichungen hinsichtlich der Art der Persönlichkeitsstörung. Dies sei aber nicht ungewöhnlich bei Expertengutachten und nicht wesentlich für die Einschätzung der Therapierbarkeit und der Gefährlichkeit des Täters.

Er sei zum Schluss gekommen, dass der Angeklagte an einer sehr schweren, gemischten Persönlichkeitsstörung leide. «Es liessen sich kaum gesunde Elemente feststellen», hielt Hiersemenzel fest.

Der Mann habe eine narzisstische Persönlichkeit, eine frauenfeindliche Grundhaltung, ein starkes Dominanzstreben, eine hohe Kränkbarkeit und eine fehlende Empathiefähigkeit. Ausserdem habe er eine mittelschwer verminderte Einsichtsfähigkeit, was die Aussichten auf eine Verbesserung stark beeinträchtige.

«Ich denke, dass der Mann momentan nicht therapierbar ist», sagte Hiersemenzel. Er sehe sich jedoch nicht in der Lage zu sagen, wie seine Therapierbarkeit in Zukunft aussehen werde. Je weiter weg die Zukunft sei, desto unsicherer sei die Prognose. Forensische Prognosen, die psychiatrische Gutachter normalerweise erstellten, hätten einen Horizont von fünf bis zehn Jahren. Für Prognosen auf 20 Jahre hinaus fehle eine wissenschaftliche Grundlage.

Trotzdem könne er sich nicht vorstellen, dass man dem Angeklagten jemals eine günstige Prognose stellen werde, sagte Hiersemenzel. Ausserdem bestehe eine hohe Rückfallgefahr.

Damit stimmen die beiden Gutachter in den meisten Punkten grundsätzlich überein. Dies ist die Voraussetzung dafür, einen hoch gefährlichen Straftäter lebenslang verwahren zu können. Seit der Annahme der Verwahrungsinitiative 2004 hielt die lebenslange Verwahrung nur einmal vor den Gerichten stand.

Der Waadtländer Generalstaatsanwalt Eric Cottier und der Anwalt der Familie des Opfers, Jacques Barillon , wollen am Freitag bekannt geben, welche Strafen sie im Mordfall Marie fordern. (SDA)

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