Pro Infirmis soll zahlen
«Ich möchte einmal im Leben Sex haben»

Pascal (39) war noch nie mit einer Frau intim. Seine geistige Behinderung ist der Stolperstein. Nun kämpft er dafür, dass sein Wunsch in Erfüllung geht.
Publiziert: 29.11.2015 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 02:32 Uhr
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Pascal spricht über seine Behinderung und sein Bedürfnis nach Sex. Er hofft, damit auch anderen Betroffenen zu helfen.
Foto: ZVG
Von Silvana Guanziroli

Der Kontakt zu Frauen fällt ihm überaus schwer – und geht nie über ein paar Begrüssungs-Floskeln hinaus. «Ich bin zu sehr verkrampft und traue mich nicht, Frauen anzusprechen», fasst Pascal sein Problem in Worte.

Doch der Mann aus dem Baselbiet ist nicht einfach nur schüchtern, sein Handicap ist eine geistige Behinderung. «Mir wurde gesagt, dass es bei meiner Geburt Probleme gab», erzählt er offen. Die Diagnose der Ärzte: eine Hirnleistungsschwäche und kognitive Einschränkungen.

Dass Pascal bisher noch nie mit einer Frau intim war, macht ihn unglücklich. «Früher dachte ich, das wird schon noch passieren. Doch daran glaube ich nicht mehr. Mit fast 40 Jahren wünsche ich mir nichts mehr, als einmal im Leben Sex zu haben.»

Werner Tschan ist Psy­chiater in Basel und betreut Pascal in seiner Lebenskrise. «Hier helfen keine Medikamente. Was mein Patient braucht, ist die Erfüllung seiner Wünsche.»

Doch laut Tschan reiche der einmalige Besuch bei einer Prostituierten nicht aus. «Im Gegenteil. Das würde meinen Patienten nur überfordern. Er hat Angst vor der ersten Berührung und muss langsam herangeführt werden.»

Der Psychiater hat Pascal deshalb eine Sexualtherapie verschrieben. «Und ich habe Kontakt zu einer Berührerin aufgenommen.» Tschan meint damit Isabelle Kölbl (56). Sie ist Sexworkerin für Männer mit Handicap – und setzt sich öffentlich für die Enttabuisierung ihrer Dienstleistung ein.

«Wir bieten eine Partnerschaft auf Zeit, lassen uns emotional auf unsere Gäste ein», sagt sie. Dafür seien mehrere «Sitzungen» nötig.

Doch Kölbls Liebesdienst kostet Geld. Konkret 360 Franken pro Besuch. Und das ist Pascals grösste Hürde. Wegen seiner Behinderung hat er keine Ausbildung absolviert, lebt von ­einer IV-Rente von 2800 Franken monatlich. Damit muss er die Unterkunft, das Essen und alle weiteren Kosten begleichen.

«Ich spare, wo ich kann, und verzichte auf Kaffee und meinen Znüni. Aber ich kriege das Geld nicht zusammen.»

Jetzt kämpft Pascal dafür, dass er zu seinem «ersten Mal» kommt. Sein Psychiater hat bei der Behinderten-Organisation Pro Infirmis finanzielle Hilfe beantragt. Die In­stitution verwaltet die Bundesgelder, die in den FLB-Fonds (Finanzielle Leistungen an Menschen mit Behinderung) fliessen. «Wir haben mehrfach angefragt, doch nur Absagen erhalten», ärgert sich Tschan.

Das Vorgehen von Pro Infirmis findet auch Diana ­Kuring (40) daneben. Die Sozialpädagogin promovierte am Unesco-Lehrstuhl für Menschenrechtsbildung in Magdeburg. Für sie hat Pascal rechtlich gesehen Anspruch auf staatliche Unterstützung.

«Ein Grundzweck von Pro Infirmis ist es, finanzielle Direkthilfe zu leisten», sagt sie. «Es sieht fast so aus, als fürchte man sich, des heiklen Themas wegen, vor dem Einbruch der Spenden.»

Pro Infirmis bestätigt Pascals Antrag und erklärt die Absage damit: «Die Ausschüttung von FLB-Geldern unterstehen einem klaren Regelwerk des Bundes», sagt Geschäftsleitungsmitglied Mark Zumbühl.

«Darin vorgesehen sind zum Beispiel Auto-Umbauten, Fahrdienste oder Zahnarztrechnungen. Aber keine Sexual-Dienstleistungen.»

Trotzdem: Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Pro Infirmis will nochmals über die Bücher. Zumbühl: «Wir können aus eigenen Fonds bescheidene Beiträge sprechen. Ob wir das in diesem Fall tun können, werden wir jetzt prüfen.»

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