Unfall-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherungen sollen wieder Detektive einsetzen dürfen, um Missbräuche aufzudecken. Das hat der Ständerat gestern entschieden. Hegt die Versicherung den Verdacht, dass ein Leistungsbezüger trickst, darf sie einen Detektiv beauftragen, ihn zu überwachen. Über Monate, wenn es sein muss.
Und der Detektiv darf von öffentlichen Orten aus alles beobachten. Von der Strasse mit dem Fernglas in die Stube linsen etwa. Und Filmaufnahmen machen. Selbst GPS-Peilsender dürfen eingesetzt werden, um nachzuvollziehen, wo sich ein Verdächtiger wie lange aufhält. Für diesen Fall aber muss ein Richter grünes Licht geben. Alles andere kann die Versicherung selbst anordnen.
Fast ein Jahr keine Aufträge mehr
Linke und Behindertenorganisationen kritisieren diesen Freipass für Detektive scharf. Die Spione aber freuen sich. Zum Beispiel Peter Stelzer (46). Der Privatdetektiv führt die Ryffel AG, die grösste Detektei der Deutschschweiz mit Büros in Zürich, Zug und Frauenfeld. Er ist spezialisiert auf Sozialhilfemissbräuche. Und hatte fast ein Jahr lang keine Aufträge mehr von Gemeinden und Versicherungen.
Denn seit einem Entscheid des Europäischen Gerichtshofs werden die Beweismittel der Privatdetektive vorerst nicht mehr vor Gericht anerkannt. «Wir arbeiten jedoch auch noch für Privatpersonen und Firmen und beschäftigen zurzeit elf Mitarbeiter», so Stelzer.
Davon seien nur drei im Aussendienst an der Front. «Unsere Arbeit besteht nicht
nur aus Überwachen, wir recherchieren auch vom Büro aus.» Ein Privatdetektiv werde erst auf die sogenannte Zielperson angesetzt, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft seien.
Ferienfotos auf Facebook veröffentlicht
Dann aber reisen die Detektive auch ins Ausland. «In einem Dorf in Slowenien ging ich auf die Suche nach einem mutmasslichen Betrüger, der in der Schweiz Sozialhilfe abkassierte. Im Ort ging ich zum grössten Haus. Da lebte er. Er behauptete bei seinen Nachbarn, dass er sich das Haus leisten könne, weil er in der Schweiz so viel arbeitete», so der Detektiv, der ihn überführte. Stelzers Team deckte Hunderte solcher Fälle auf.
Die Ausrüstung seiner Männer ist klein, aber modern. «Technik ist uns wichtig, wir sind immer auf dem neuesten Stand. Wir haben von den neuen gesetzlichen Vorgaben Kenntnis und werden uns selbstverständlich daran halten», sagt Peter Stelzer, auf den Einsatz von Peilsendern angesprochen.
Ein Drittel der Betrüger wird von deren Ex-Partnern denunziert
Ein Drittel der Sozialbetrüger würden von deren Ex-Partnern denunziert, sagt Sozialinspektor Oliver Wilden (47) von der Firma Sowatch. «Manchmal stellen sich die Leute auch einfach sehr ungeschickt an und posten Ferienbilder von teuren Hotels auf Facebook», sagt er. Es komme auch vor, dass jemand im Dorf in Gipserhosen gesehen wird, der vorgibt, keinen Job zu haben.
Die Firma Sowatch führt für Gemeinden bei Sozialfällen Hausbesuche durch. «Wir sprechen mit den Klienten. Erst wenn ein dringender Verdacht besteht, engagieren wir einen Privatdetektiv, der die Zielperson überwacht», sagt Wilden. Das könnte Ende 2018 wieder der Fall sein. Denn zunächst muss das Gesetz noch in den Nationalrat. Und da wird es Kritik hageln.