Poststellenleiter Werner Rüegg (58) muss sich nach 17 Jahren neu bewerben
«Die Unsicherheit ist gross»

Die Umwälzungen bei der Post treffen vor allem die Filialleiter hart. Meistens handelt es sich dabei um langjährige Mitarbeiter. Nun geht bei ihnen die Angst um.
Publiziert: 06.02.2019 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2019 um 14:44 Uhr
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«In unserer Familie fliesst gelbes Blut»: Poststellenleiter Rüegg, hier am Wandern.
Foto: zvg
Andrea Cattani, Beat Michel und Pascal Tischhauser

In den Filialen der Post bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Am Montag flatterte bei vielen Angestellten der Brief ins Haus, in dem einschneidende Umstrukturierungen angekündigt wurden.

Heftig triffts dabei die Filialleiter: Rund die Hälfte wird nach dem Filialnetzumbau gehen müssen. Wer seinen Posten behalten will, muss sich neu bewerben und die eigenen Führungskompetenzen unter Beweis stellen. Das diene der Chancengleichheit, heisst es bei der Post.

«Mehr Verantwortung für jeden»

Einer, der seine Unterlagen einreichen wird, ist Werner Rüegg. Der 58-Jährige leitet seit über 16 Jahren die Poststelle in Benken SG. Dass nun einfach Schluss sein soll, ist für ihn darum schwer vorstellbar. «Die Post war für mich immer ein guter Arbeitgeber. Ich würde gerne noch einige Jahre anhängen.»

Die Neuerungen bei der Post sehen vor, dass die Angestellten bald in mehreren Filialen aus der Region zum Einsatz kommen. Eine «Stamm-Poststelle» wie bisher wird es nicht mehr geben. Rüegg sieht darin nicht nur Schlechtes. Die Arbeitsabläufe müssten klappen, egal wo und mit wem man eingeteilt sei. «Das nimmt jeden Einzelnen mehr in die Verantwortung.»

Rüegg verbindet mehr als nur seinen Arbeitsplatz mit dem gelben Riesen. Sogar seine Frau – auch sie arbeitet auf der Benkner Filiale – hat er bei der Post kennengelernt. Im Mitarbeitermagazin sagte Rüegg deshalb auch: «In unserer Familie fliesst gelbes Blut.»

In Benken wird die Poststelle bald gleich komplett geschlossen. Rüegg stellt sich darum bereits auf grosse Veränderungen in seinem Leben ein. «Ich will positiv bleiben und das Beste aus der Situation machen. Aber momentan herrscht natürlich vor allem grosse Unsicherheit.»

Angst vor der jüngeren Konkurrenz

Nicht alle Angestellten trauen sich, so offen über die aktuelle Situation zu sprechen. Ein Poststellenleiter aus dem Kanton Zürich will lieber anonym bleiben – aus Angst um die eigene Zukunft. «Ich weiss noch nicht, wie es weitergeht», sagt der Mann, der seit 1980 bei der Post gearbeitet und bereits mehrere Poststellen geführt hat. Der Umbau trifft nun auch ihn. 

Der Familienvater sieht sich selber in einem kritischen Alter. «Ich bin über 50, in Sachen digitale Transformation traut man mir weniger Skills zu als einem unter 30-Jährigen.» Trotz der Umwälzungen will aber auch der Zürcher seinem langjährigen Arbeitgeber treu bleiben und sich neu bewerben.

Ein weiterer Knackpunkt könne das Geld sein. Eine Filialleiterin, die ebenfalls schon länger bei der Post arbeitet und ihren Namen darum nicht in der Zeitung lesen will, erklärt: Wer viele Jahre bei der Post eine Filiale führt, ist eine Lohnklasse höher eingestuft als die Teamleiter. Und deren Stellvertreter sind noch einmal eine Lohnstufe niedriger. Es laufe auf Lohneinbussen von 500 bis 1000 Franken monatlich, also bei 13 Monatslöhnen auf 13'000 Franken Verlust hinaus. Die Furcht ist gross, dass genau die treuen, aber dafür teuren langjährigen Mitarbeiter das Nachsehen haben.

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