Ein Unternehmen im Uhrensektor ist am Donnerstagabend in Le Locle NE Schauplatz einer Geiselnahme geworden. Vier Personen wurden fast zwei Stunden lang gefangen gehalten. Die beiden Täter flüchteten in einem gestohlenen Auto ins benachbarte Frankreich. Sie wurden von der französischen Polizei, die von den Schweizer Behörden nach der Tat benachrichtigt worden war, entdeckt und verfolgt.
Die kurze Verfolgungsjagd endete in einer Sackgasse in der grenznahen Stadt Pontarlier, rund 40 Kilometer vom Tatort entfernt.Der BMW sei mit grosser Wucht gegen ein Polizeiauto gefahren, führte der Staatsanwalt in Besançon vor den Medien dazu aus. Ein Polizist habe aus einem Schnellfeuergewehr rund 30 Schüsse auf den Motorblock des Fluchtautos abgegeben, um dieses zu stoppen. Auch in das Rückfenster des Autos habe die Polizei vier Mal geschossen, um die Ganoven endlich zum Anhalten zu bringen und festzunehmen. Verletzt wurden die Insassen des Autos laut den Behörden nicht.
Täter haben eine kriminelle Vergangenheit
Einer der Insassen des Fluchtwagens habe mit einer Faustfeuerwaffe in seine Richtung gezielt, aber nicht geschossen. Die Männer wurden wegen des Verdachts der versuchten Tötung gegenüber Polizisten sowie die Entführung und Freiheitsberaubung in Gewahrsam behalten. Die 35 und 46 Jahre alten Täter haben nach Angaben der Behörden in Besançon schon einiges auf dem Kerbholz. Jeder habe in etwa zehn Verurteilungen vorzuweisen, namentlich im Zusammenhang mit Gewalttaten. Der ältere Mann war erst 2020 aus einer Vollzugsanstalt in der Loire-Region entlassen worden, wo er eine jahrelange Freiheitsstrafe abgesessen hatte.
Die Neuenburger Polizei schilderte den Tathergang in einer Mitteilung vom Freitag so: Um 17.30 Uhr wurde ein Angestellter der Firma zusammen mit seiner Lebensgefährtin in seinem Haus in La Chaux-de-Fonds NE von zwei mit einer Pistole bewaffneten Personen als Geisel genommen. Das Paar wurde unter Drohungen gezwungen, sich zu der Fabrik im knapp zehn Kilometer entfernten Le Locle zu begeben. Vor Ort wurden zwei Angestellte, die soeben ihre Arbeit beenden wollten, ebenfalls als Geiseln genommen.
Konnten keine Beute mitnehmen
Die Täter liessen sich mehrere Tresore des Unternehmens öffnen, in denen sich Edelmetalle befanden. Ein stiller Alarm wurde ausgelöst, der die Sicherheitsfirma des Standorts informierte. Der Alarm, der an die Neuenburger Polizei weitergeleitet wurde, löste eine gross angelegte Operation aus. Die Ankunft eines ersten Sicherheitsbeamten, der den Tätern wahrscheinlich von externen Komplizen gemeldet worden war, vertrieb die im Gebäude befindlichen Personen, sodass die Beute nicht mitgenommen werden konnte, wie die Neuenburger Polizei schreibt.
Wenige Minuten später entwendeten die Täter ein Fahrzeug, das sich in der Nähe des Unternehmens befand. Die Fahrerin wurde dabei mit Gewalt aus dem Auto gezerrt. Die Täter flüchteten mit dem Auto, das um 19.10 Uhr in Pontarlier (F) gesichtet wurde. Die vier Geiseln und die Fahrerin des gestohlenen Fahrzeugs standen unter Schock und wurden von einer Spezialeinheit betreut. Die Neuenburger Staatsanwaltschaft leitete eine Strafuntersuchung ein. (SDA)