Die Alpiq will ihre unrentablen Atomkraftwerke Leibstadt und Gösgen loswerden. Zu tief sind derzeit die Strompreise, zu schwer lastet das Risiko und der milliardenschwere Rückbau. Eine staatliche Auffanggesellschaft soll die Atommeiler übernehmen. Dies steht in einem Lobbying-Konzept der Firma Hirzel-Neef-Schmid-Konsulenten, das Alpiq in Auftrag gegeben hat. Ziel ist laut der «Basler Zeitung», dass es in der Politik bis Dezember einen «Lösungskompromiss» für die Kernkraft gibt.
Gelingt das Manöver, können die teils privaten Alpiq-Eigentümer ihre finanziellen Verpflichtungen auf die Steuerzahler der Schweiz abwälzen. In eine ähnliche Richtung denkt man auch beim Stromkonzern Axpo (Beznau).
SP will zahlen und abstellen
Bei der SP stossen die Strombarone auf offene Ohren. «Wenn Alpiq ihre AKW stilllegen will, bin ich bereit, politisch zu helfen», sagt Nationalrat Eric Nussbaumer (BL). «Dann müssen die AKW aber geordnet abgestellt werden.» Alle wüssten, dass am Ende die Steuerzahler für die AKW zur Kasse gebeten würden. Nussbaumer will darum vorwärts machen: «Je später man eine solche Auffanggesellschaft macht, desto kleiner ist die Mitgift der Konzerne.»
SP-Frau Martina Munz (SH) pflichtet bei: «Das Bundesamt für Energie hat die finanziellen Risiken der AKW konsequent ignoriert. Deshalb ist der Bund jetzt auch mitverantwortlich für die Kosten von rund 10 Milliarden, die auf die Steuerzahler zukommen.»
Der Ruf nach dem Staat
Für viele bürgerliche Politiker stehen aber vorab die Stromkonzerne in der Pflicht. Prinzipiell braucht es laut dem CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt den Staat nicht, um AKW abzustellen. «Ich bin nur bereit, über eine Auffanggesellschaft zu sprechen, wenn Alpiq vor dem Konkurs steht und die Bücher vollständig öffnet», so der Solothurner.
Auch Christian Wasserfallen will von Staats-AKW nichts wissen. «Jahrelang hat man grosse Gewinne geschrieben. Jetzt, da Gegenwind kommt, rufen alle nach dem Staat. Da mache ich nicht mit.» Für Wasserfallen ist die schwierige Lage von Alpiq und Axpo hausgemacht. «Die BKW zeigt, dass man ein AKW geregelt auf geltendem Recht vom Netz nehmen kann, wenn man will.» Kürzlich teilte die BKW mit, dass das AKW Mühleberg 2019 abgestellt wird.
Staat soll Rückbau leiten
BKW-Präsident und BDP-Nationalrat Urs Gasche kann sich dennoch gut vorstellen, die AKW dem Staat zu überlassen: «Man sollte eine Auffanggesellschaft unvoreingenommen diskutieren.» Die Idee sei prüfenswert, allerdings nicht bloss zur finanziellen Entlastung einzelner Firmen. Ein wichtiger Vorteil wäre laut Gasche, dass man bis zum Abbau aller AKW genug ausgebildete Leute habe, die man in allen Betrieben bis zum Abschluss des Rückbaus einsetzen könnte.
«Der Staat hätte bei einer Auffanggesellschaft natürlich die Führung», so der Berner Nationalrat. Das Risiko trage letztlich sowieso der Staat. Darum warnt Gasche: «Man müsste aber rechtzeitig handeln, solange man die Gesellschaft seitens der heutigen Eigentümer noch mit dem nötigen Geld ausstatten könnte.»
Jürg Buri von der AKW-kritischen Schweizerischen Energiestiftung ist überzeugt: «Axpo und Alpiq werden an den AKW bankrott gehen.» Daher werde der Staat früher oder später sowieso gefordert wein. Eine Abwicklungs-AG für die alten AKW sei für die Energiestiftung dann eine Option, wenn im Gegenzug die nuklearen Risiken mit maximalen Laufzeiten von 40 Jahren begrenzt werde. Vorteil für die Bevölkerung sei: «Weniger Risiko, dank abgestellter AKW und keine Mehrkosten, da am Ende sowieso der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.» Die Konzerne müssten aber laut Buri im Minimum den Rückbau und die Stilllegung noch ausfinanzieren. Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle wäre dann vom Bund über einen Atom-Rappen analog KEV zu finanzieren.