Pilze sammeln boomt – Vergiftungsfälle nehmen stark zu
Sie hat sich mit Wiesen-Champignons vergiftet

Der Herbst ist da – und mit ihm die Pilzsaison. Das Problem: Immer mehr Pilzler vergiften sich. Eine von ihnen: Ingrid T.*. Sie erfuhr am eigenen Leib, dass beim Pilzesammeln Vorsicht geboten ist. Auch bei Champignons.
Publiziert: 29.09.2018 um 12:24 Uhr
|
Aktualisiert: 02.10.2018 um 10:20 Uhr
Anian Heierli

Ein leckeres Abendessen sollte es werden: Reis mit einer Sauce aus Wiesenchampignons. Mit selbst gesammelten Pilzen. Sieben Stunden nach dem Essen: Ingrid T.* (48) schlägt die feine Speise brutal auf den Magen. Nachts um 2 Uhr bekommt die Zugerin Bauchschmerzen, gefolgt von Durchfall und Erbrechen. 

Ihr Verdacht fällt auf die Pilze, sie vermutet eine Pilzvergiftung. «Obwohl ich mir das nicht erklären konnte», sagt sie zu BLICK. «Als erfahrene Sammlerin war ich mir sicher, dass es Champignons waren.» Zur Sicherheit ruft sie morgens um 5 Uhr trotzdem bei Tox Info Suisse an. Dort vermittelt man sie an einen Pilzexperten weiter.

Schuld war das verdorbene Eiweiss

Zum Glück hatte Ingrid T. ihren Fund vor dem Abendessen fotografiert. Zusätzlich hob sie auch sämtliche Stiele auf. Nur dank der Bilder kann der Experte Entwarnung geben. Es handelt sich tatsächlich um harmlose Wiesenchampignons. Doch was viele nicht wissen, bei alten Pilzen kann das Eiweiss verderben – und das führt zu Vergiftungssymptomen.

Der Spass am Sammeln ist der Hypnose-Therapeutin und Pflegefachfrau trotzdem geblieben. Für sie ist klar: «Wenn ich neue Pilze finde, gehe ich immer zur Kontrolle.» Neu ist für sie aber, dass auch ältere Pilze zu Beschwerden führen können.

1/12
Wiesenchampignons schlugen der Zugerin Ingrid T. auf den Magen.
Foto: ANIAN HEIERLI

Aktuell steigen Vergiftungsfälle stark an

So wie Ingrid T. geht es vielen. Tox Info Suisse hat 2018 schon rund 390 Pilzvergiftungen registriert (siehe Grafik). Das sind so viele, wie in einigen Vorjahren über die ganze Saison gerechnet. Und die Pilzsaison hat nach dem trockenen Sommer erst so richtig begonnen. 

Besonders gravierend ist die Situation in Zürich. Hier sind die Fälle sogar deutlich höher als im Vorjahr: Ende September 2017 hatte Tox Info Suisse in Zürich nicht ganz 60 Vergiftungsfälle registriert, momentan sind es schon über 90 (siehe Grafik).

Besorgniserregend: Vor allem in Zürich gibt es deutlich mehr Fälle als Ende September im letzten Jahr.
Foto: BLICK Grafik, Quelle: Tox Info Suisse

Inés Bader (64), Pilzkontrolleurin aus Bubikon ZH, kennt die Hintergründe: «Die Natur geniessen liegt im Trend», sagt sie, «Pilze zu sammeln, wird dabei immer beliebter.» Sie beobachtet, dass auch immer mehr junge Leute auf die Suche gehen. Einigen fehlen laut Bader dafür aber die Kenntnisse. Sie würden deshalb gerne auf Apps zurückgreifen, die beim Bestimmen der Sorte helfen sollen.

Kontrolleurin warnt vor Pilz-Apps

Die Kontrolleurin sieht solche Apps als gutes Hilfsmittel. Gleichzeitig warnt sie aber vor Risiken: «Man darf sich beim Sammeln nie allein auf die App verlassen. Wer nicht absolut sicher ist, muss unbedingt eine Kontrollstelle aufsuchen.»

Die Expertin weiss aus Erfahrung, dass der Schein manchmal trügt. Erst kürzlich zeigte ihr eine Person vermeintliche Steinpilze, die sich als andere, giftige Exemplare entpuppten: «Gefährlich sind aber nicht nur Verwechslungen», erklärt Bader, «zu wenig lang gekochte und alte Pilze können auch Vergiftungen auslösen.»

Zum Glück gibt es in den meisten Kantonen Kontrollstellen. Eine Übersicht bietet die Schweizerische Vereinigung amtlicher Pilz-Kontrollorgane Vapko.

* Name der Redaktion bekannt

2017 gab es besonders viele Pilzvergiftungen in der Schweiz. Auch 2018 steigen die Fälle wieder stark an.
Foto: BLICK Grafik, Quelle: Tox Info Suisse

Falls bei Ihnen nach dem Pilz-Konsum ähnliche Symptome auftreten, melden Sie sich unter der Notrufnummer 145 des Toxikologischen Instituts.

Überlebst du dein Abendessen?
3:23
«Pilzlen» für Anfänger:Darauf muss man bei der Suche achten
Was tun bei einer Pilzvergiftung?

Die Pilzsaison läuft in der Schweiz auf Hochtouren. Doch viele Pilze sind giftig und gefährlich. Was beim Sammeln schlimmstenfalls passieren kann und was man beachten muss, erfahren Sie hier.

Vorsicht, was der Hund frisst! Manche Pilze sind giftig, andere nicht.
Vorsicht, was der Hund frisst! Manche Pilze sind giftig, andere nicht.
Thinkstock

Die Pilzsaison läuft in der Schweiz auf Hochtouren. Doch viele Pilze sind giftig und gefährlich. Was beim Sammeln schlimmstenfalls passieren kann und was man beachten muss, erfahren Sie hier.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?