Ein leckeres Abendessen sollte es werden: Reis mit einer Sauce aus Wiesenchampignons. Mit selbst gesammelten Pilzen. Sieben Stunden nach dem Essen: Ingrid T.* (48) schlägt die feine Speise brutal auf den Magen. Nachts um 2 Uhr bekommt die Zugerin Bauchschmerzen, gefolgt von Durchfall und Erbrechen.
Ihr Verdacht fällt auf die Pilze, sie vermutet eine Pilzvergiftung. «Obwohl ich mir das nicht erklären konnte», sagt sie zu BLICK. «Als erfahrene Sammlerin war ich mir sicher, dass es Champignons waren.» Zur Sicherheit ruft sie morgens um 5 Uhr trotzdem bei Tox Info Suisse an. Dort vermittelt man sie an einen Pilzexperten weiter.
Schuld war das verdorbene Eiweiss
Zum Glück hatte Ingrid T. ihren Fund vor dem Abendessen fotografiert. Zusätzlich hob sie auch sämtliche Stiele auf. Nur dank der Bilder kann der Experte Entwarnung geben. Es handelt sich tatsächlich um harmlose Wiesenchampignons. Doch was viele nicht wissen, bei alten Pilzen kann das Eiweiss verderben – und das führt zu Vergiftungssymptomen.
Der Spass am Sammeln ist der Hypnose-Therapeutin und Pflegefachfrau trotzdem geblieben. Für sie ist klar: «Wenn ich neue Pilze finde, gehe ich immer zur Kontrolle.» Neu ist für sie aber, dass auch ältere Pilze zu Beschwerden führen können.
Aktuell steigen Vergiftungsfälle stark an
So wie Ingrid T. geht es vielen. Tox Info Suisse hat 2018 schon rund 390 Pilzvergiftungen registriert (siehe Grafik). Das sind so viele, wie in einigen Vorjahren über die ganze Saison gerechnet. Und die Pilzsaison hat nach dem trockenen Sommer erst so richtig begonnen.
Besonders gravierend ist die Situation in Zürich. Hier sind die Fälle sogar deutlich höher als im Vorjahr: Ende September 2017 hatte Tox Info Suisse in Zürich nicht ganz 60 Vergiftungsfälle registriert, momentan sind es schon über 90 (siehe Grafik).
Inés Bader (64), Pilzkontrolleurin aus Bubikon ZH, kennt die Hintergründe: «Die Natur geniessen liegt im Trend», sagt sie, «Pilze zu sammeln, wird dabei immer beliebter.» Sie beobachtet, dass auch immer mehr junge Leute auf die Suche gehen. Einigen fehlen laut Bader dafür aber die Kenntnisse. Sie würden deshalb gerne auf Apps zurückgreifen, die beim Bestimmen der Sorte helfen sollen.
Kontrolleurin warnt vor Pilz-Apps
Die Kontrolleurin sieht solche Apps als gutes Hilfsmittel. Gleichzeitig warnt sie aber vor Risiken: «Man darf sich beim Sammeln nie allein auf die App verlassen. Wer nicht absolut sicher ist, muss unbedingt eine Kontrollstelle aufsuchen.»
Die Expertin weiss aus Erfahrung, dass der Schein manchmal trügt. Erst kürzlich zeigte ihr eine Person vermeintliche Steinpilze, die sich als andere, giftige Exemplare entpuppten: «Gefährlich sind aber nicht nur Verwechslungen», erklärt Bader, «zu wenig lang gekochte und alte Pilze können auch Vergiftungen auslösen.»
Zum Glück gibt es in den meisten Kantonen Kontrollstellen. Eine Übersicht bietet die Schweizerische Vereinigung amtlicher Pilz-Kontrollorgane Vapko.
* Name der Redaktion bekannt
Falls bei Ihnen nach dem Pilz-Konsum ähnliche Symptome auftreten, melden Sie sich unter der Notrufnummer 145 des Toxikologischen Instituts.
Die Pilzsaison läuft in der Schweiz auf Hochtouren. Doch viele Pilze sind giftig und gefährlich. Was beim Sammeln schlimmstenfalls passieren kann und was man beachten muss, erfahren Sie hier.
Die Pilzsaison läuft in der Schweiz auf Hochtouren. Doch viele Pilze sind giftig und gefährlich. Was beim Sammeln schlimmstenfalls passieren kann und was man beachten muss, erfahren Sie hier.