In der letzten Woche erhielt Pia H.* (54) aus Ursenbach BE dicke Post. «Mein Mann brachte mir den Brief und liess mich nur den Text lesen. Den Betrag zeigte er mir noch nicht», sagt die Emmentalerin. Der Hausfrau wurde mit Gefängnis gedroht, weil sie einen Ausstand vom Steueramt offenbar nicht beglichen hätte.
«Mir rutschte fast das Herz in die Hose. Ich dachte: Oh Gott, was habe ich verbrochen?» Erst als sie die fünf Franken auf der Rechnung des Steueramts der Region Burgdorf sah, konnte sie wieder lachen.
Dennoch ärgert sie die Haftandrohung für einen solch lächerlichen Betrag: «Das ist ja fast schon ein Eingriff in meine Privatsphäre. Wegen fünf Franken! Wenn ich dafür ins Gefängnis muss, hat das ja auch noch andere Konsequenzen. Einen Eintrag ins Strafregister – oder ich würde unter Umständen meine Stelle verlieren, wenn ich eine hätte», so die Kunstmalerin.
Zweifel an der Bürokratie
Wie der Betrag zustande kam, kann sie sich nicht erklären. «Vielleicht habe ich mal bei den Steuern fünf Franken zu wenig einbezahlt – ich weiss es nicht. Eine Mahnung dafür habe ich jedenfalls nie erhalten», sagt Pia H. «Das zeigt mir einfach, wie der Staat tickt. Wegen eines Fünflibers wird mit Gefängnis gedroht – aber wenn die mal was zurückzahlen müssen, geht es Monate!»
Die fünf Franken habe sie unterdessen am Postschalter eingezahlt. Pia H.: «Eigentlich haben mir viele Leute geraten, ich solle mit dem Köfferli ins Gefängnis gehen und dort eine halbe Stunde oder wie viel auch immer absitzen. Aber ich bin nicht der Typ dazu und wollte mir keine Probleme einhandeln.»
Mindestens ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe
Auf Anfrage von BLICK sagt Christa Stauffer, Leiterin Kommunikation der Steuerverwaltung des Kantons Bern, dass es sich hierbei um keine kantonale Besonderheit handle, sondern um eine Bestimmung aus dem Schweizer Strafgesetzbuch. «Dieses sieht vor, dass für schuldhaft nicht bezahlte Bussen eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag ausgesprochen wird», so Stauffer. Heisst: Pia H. hätte also nicht nur eine halbe Stunde, sondern einen ganzen Tag absitzen müssen.
Die Steuerverwaltung des Kantons Bern sei dabei nur für das Inkasso der Bussen zuständig. Stauffer: «Wird eine Busse nicht oder nur teilweise bezahlt, stellt die Steuerverwaltung dem Busseninkasso einen Antrag auf Umwandlung der Busse. Das Busseninkasso erteilt anschliessend den Auftrag zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe an das Amt für Justizvollzug. Ob die Busse schlussendlich umgewandelt wird, fällt somit nicht in die Zuständigkeit der Steuerverwaltung.»
Unklar, wie der Minibetrag zustande kam
Ein Umwandlungsantrag werde laut Stauffer «erst nach mehrmaligem, erfolglosem Schriftenwechsel» gestellt. Sie möchte aber darauf hinweisen, dass es der betroffenen Person «jederzeit offen steht, die Busse nachträglich zu bezahlen». So entfällt die Ersatzfreiheitsstrafe.
Wie der tiefe Betrag zustande kam, kann die Steuerverwaltung aufgrund des Datenschutzes nicht kommunizieren. Über Minibussen würde auch keine Statistik geführt, so Christa Stauffer. Aber sie beschwichtigt: «Tiefe Beträge sind sicher Einzelfälle.»
*Name bekannt
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