Sozialpädagoge Paul-Ernst Cohen (60) steht vor dem Nichts. Das Haus Tobias, sein Kleinheim für schwer behinderte Menschen in Niederbipp BE, wurde geschlossen. Misshandlungsvorwürfe! Der Deutsche verlor seine Arbeit, musste vor Gericht. «Zwei Jahre habe ich auf den Freispruch gewartet», sagt er.
Mehr als 20 Jahre leitete Cohen das Haus, sein Lebenswerk. Doch Ende 2010 erheben vier entlassene Mitarbeiter schwere Vorwürfe: Cohen habe im Haus Gewalt angewendet, Bewohner zum Essen gezwungen. Am 30. Dezember schliesst das kantonale Alters- und Behindertenamt (Alba) das Haus (BLICK berichtete). «Ich wurde sofort von meiner Funktion enthoben», so Cohen. «Es wurde kopflos reagiert, niemand redete mit mir.»
Die Bewohner werden verlegt. Die Vormundschaftsbehörde Köniz BE, die einen Bewohner platziert hat, reicht Strafanzeige ein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung, Nötigung und Tätlichkeit. «Monatelang passierte nichts. Ich hatte grosse Existenzängste», sagt Cohen.
Im Sommer 2011 werden die Ex-Mitarbeiter polizeilich einvernommen. «Die vier haben die Vorwürfe nicht wiederholt», so Cohen. Der Fall nimmt eine Wende: Die Strafuntersuchung wird mehrheitlich eingestellt. Was bleibt, ist der Tätlichkeitsvorwurf. Cohen kassiert einen Strafbefehl. Er wehrt sich, es kommt zum Prozess. Am 7. März spricht ihn das Gericht endgültig frei. «Der Freispruch hat mich nicht wirklich befreit.»
Schon im Februar 2012 reichte er eine Staatshaftungsklage ein. Cohen will 800 000 Franken vom Kanton. Ein Drittel soll in einen Fonds für die Ex-Bewohner fliessen. Doch Cohen will vor allem Aufklärung. «Es geht mir um die ehemaligen Bewohner, um die loyalen Mitarbeiter.» Immer wieder sucht er Kontakt zur Gesundheits- und Fürsorgedirektion, will mit Alba-Vertretern reden. Ohne Erfolg.
«Wir können im Moment wegen der Staatshaftungsklage gar nichts sagen», erklärt Claus Detreköy, Abteilungsleiter beim Alba. Ueli Studer, SVP-Gemeinderat von Köniz, sagt: «Ich nahm damals meine Pflicht als Vormundschaftspräsident wahr. Das Gericht hat entschieden. Es ist nicht an mir, das zu kommentieren.»