Es ist der bislang schlimmste Zwischenfall in der 57-jährigen Geschichte der Patrouille Suisse: Im Juni 2016 zerschellt eine Maschine des Typs F-5 Tiger während eines Trainings der Kunstflugstaffel auf dem Grundstück einer Gärtnerei in der niederländischen Ortschaft Bitgum.
Während sich das Wrack sogleich in einen Feuerball entzündet, kracht Pilot Patrick F.* (36) unmittelbar neben der Absturzstelle durch ein Glasdach des Treibhauses und zieht sich beim Sturz Schnittwunden und Verstauchungen zu. Er hatte sich zuvor im letzten Moment mit dem Schleudersitz aus dem abschmierenden Jet herauskatapultiert.
Pilot wurde in drei Punkten angeklagt
Ab Montag muss sich F. wegen des Zwischenfalls vor dem Militärgericht 2 in St. Gallen verantworten. Dem Ostschweizer werden fahrlässiger Missbrauch und Verschleuderung von Material, fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs sowie mehrfache fahrlässige Nichtbefolgung von Dienstvorschriften vorgeworfen. Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll kurz vor Weihnachten fallen.
Während die Anklageschrift bis zum Prozessstart unter Verschluss bleibt, ist die Absturzursache schon länger bekannt: Patrick F. stiess beim Training für eine Flugshow auf der Leeuwarden Air Base mit einer anderen F-5 Tiger zusammen.
Dieser wird das rechte Höhenleitwerk abgerissen. Trotzdem gelingt es dem Piloten (38), die havarierte Maschine noch rund 20 Minuten in der Luft zu halten und anschliessend sicher notzulanden.
Dass nur Patrick F. angeklagt wurde, deutet eindeutig darauf hin, dass ihn die Militärjustiz als den alleinigen Schuldigen für den Zusammenstoss ausgemacht hat. Laut dem Untersuchungsbericht stellte der beschuldigte Pilot fest, dass er zu schnell flog.
Zur Korrektur begann er ein sogenanntes Overshoot-Manöver, bei dem er einen zweiten «Tiger» der Formation zweimal von unten kreuzen wollte. Dabei verlor er den zweiten Kampfjet kurz aus den Augen.
Der Beschuldigte habe es jedoch unterlassen, dies über Funk mit dem Wort «blind» zu melden – dann krachte es. Trotz des schweren Zwischenfalls fliegt F. heute noch immer für die Patrouille Suisse. Sein ebenfalls involvierter Kollege ist dagegen noch 2016 aus der Staffel ausgeschieden.
«Das Risiko fliegt bei jedem Einsatz mit!»
Das Verfahren in St. Gallen beginnt mit der Befragung von Patrick F., ehe im weiteren Verlauf vor allem aviatische und juristische Fragen im Vordergrund stehen dürften. Der Unglückspilot selbst hat sich bislang nur indirekt zum Vorfall geäussert.
In den «Wiler Nachrichten» sagt er rund anderthalb Jahre nach dem Crash: «Das Risiko fliegt bei jedem Einsatz mit.» Er und seine Familie seien sich dessen bewusst. «Meine Frau lebt aber nicht in ständiger Sorge um mich.» Auch bei ihm fliege trotz des schlimmsten Zwischenfalls in der Geschichte der Patrouille Suisse nicht die Angst, sondern lediglich Respekt mit.
* Name geändert