Keine neue Partei hat in den letzten Jahrzehnten die Parteienlandschaft derart aufgewirbelt wie die Grünliberale Partei. Aus einem Richtungsstreit innerhalb der Zürcher Grünen entstanden, errang die Kantonalpartei 2004 auf Anhieb zehn Sitze bei den Kantonsratswahlen.
Aufstieg der GLP
Genau vor zehn Jahren drängten die Grünliberalen am 19. Juli auf die nationale Bühne. Die Formel «grün und liberal» zog rasch viele politisch grüne Akademiker an, denen die SP zu links war, FDP und CVP zu wenig grün. Begünstigt durch den Fukushima-Effekt ritt die GLP bis Ende 2014 auf einer Erfolgswelle.
Der rasante Aufstieg war auch dem umtriebigen Parteipräsidenten Martin Bäumle zu verdanken, der unermüdlich für die Anliegen der Partei weibelte - bis die Aufbauarbeit ihren Tribut zollte. 2012 erlitt der Zürcher Nationalrat einen Schwächeanfall, 2014 einen Herzinfarkt.
Wahlschlappe und Sitzverlust
2015 kam der Absturz für die Grünliberalen: Im Frühling schickte das Stimmvolk ihre Initiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» mit 92 Prozent Nein-Stimmen bachab. Bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober büsste die GLP fünf ihrer zwölf Nationalratssitze ein, in der kleinen Kammer ist sie gar nicht mehr vertreten.
In den Augen von Politbeobachtern rächte sich, dass die Partei zu stark auf ökologische Themen setzte und in anderen Bereichen lange Zeit keine klare Linie besass. Statt Fukushima machten plötzlich Flüchtlinge und die Euroschwäche Schlagzeilen.
Politische Linie
Dennoch hat sich die GLP vor allem in der Deutschschweiz etabliert und ist heute in 19 Kantonen und 16 Kantonsparlamenten vertreten. Während sie bei Umweltthemen linke Koalitionen bildet, steht sie in wirtschaftlichen Fragen klar auf der bürgerlichen Seite.
Damit spielte sie in der Vergangenheit oft das Zünglein an der Waage und verhalf dem jeweiligen Lager zum Durchbruch. Seit dem Rechtsrutsch bei den Wahlen 2015 ist sie nur noch selten Mehrheitsbeschafferin im Parlament.
Proilschärfung und Chef-Wechsel
Anfang dieses Jahres ist die Partei in die Offensive gegangen. Sie will das eigene Profil schärfen, damit ihr nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie anderen kleinen Parteien: Von der politischen Bildfläche zu verschwinden.
Bereits gescheitert ist ein Versuch einer «neuen Mitte» aus GLP, CVP und BDP, wie sie von Medien und einzelnen Politikern heraufbeschworen wurde. Die Parteien konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen. Die Mitte bleibt bis heute zersplittert.
Eine Zäsur für die GLP stellt im Jubiläumsjahr der Wechsel an der Parteispitze dar. Ende Mai kündigte Bäumle seinen Rücktritt als Präsident an. Geht es nach dem Parteivorstand wird Jürg Grossen sein Nachfolger. Das letzte Wort haben aber Ende August die Delegierten.
Mit dem 48-jährigen Berner Oberländer würde auf den charismatischen Bäumle ein Mann folgen, der sich bisher kaum in den Vordergrund drängte und als zurückhaltend gilt. Ob er das Ruder herumreissen kann und der Partei zu neuem Wachstum verhilft, wird sich spätestens bei den Wahlen 2019 zeigen.