Eine gemeinsame Fraktion von CVP, GLP und BDP reicht laut der Bundesrätin nicht: «Die Mitte bliebe weiter zersplittert», sagte sie in einem Interview mit der «Neuen Luzerner Zeitung» und dem «St. Galler Tagblatt» vom Mittwoch. Stattdessen schlägt die ehemalige Parteipräsidentin vor: «Wenn sich die Mitteparteien wirklich stärken wollen, müsste auch die Gründung einer neuen Partei zum Thema werden.»
Leuthard erklärt sich die Verluste der Mitteparteien bei den eidgenössischen Wahlen wie folgt: «Bei dominanten Diskussionen wie bei der Flüchtlingsproblematik können Parteien mit differenzierten Positionen nur verlieren.» Es sei leichter, «wenn man poltern und einfache Lösungen propagieren kann».
Doch die Energieministerin übt auch Kritik an ihrer Partei: «Dass die CVP in einigen Bereichen noch prononcierter auftreten könnte, stelle ich nicht in Abrede.» Nichtsdestotrotz schaut die Bundesrätin den Rechtsrutsch auch mit einer gewissen Gelassenheit an: «Der Mensch beschäftigt sich vor allem mit dem, was er gerade im Fernsehen sieht oder in den Zeitungen liest.»
Trotz der neuen Kräfteverhältnisse im Parlament hofft Leuthard, dass es weiterhin möglich sein wird, Kompromisse zu finden. «Ich setze darauf, dass es in der FDP und der SVP nicht nur Parteisoldaten gibt, sondern auch Politiker, die eigenständig denken.»
Über eines der ihr wichtigsten Anliegen, die Energiewende, macht sich die Vorsteherin des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) aber keine Sorgen - eine Alternative zum Atomausstieg gebe es ohnehin nicht.
«Ich kenne niemanden, selbst in der SVP nicht, der neue Kernkraftwerke bauen will.» Dies sei zu teuer und zu aufwendig, sagte Leuthard - «allein schon wegen des Atommülls, den niemand bei sich deponieren will».
Den Rücktritt von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf bedauert Leuthard. «Wir haben sehr gut zusammengearbeitet, wir waren uns in vielen Positionen einig.» Angesichts der drohenden Zerreissprobe vor den Bundesratswahlen habe sich die Finanzministerin sehr staatspolitisch verhalten. «Dieser Schritt verdient Respekt.»
Für sie selber komme ein Rücktritt nach neun Amtsjahren noch nicht infrage, sagte Leuthard. Zwar stellten sich mit der Zeit «gewisse Verschleisserscheinungen» ein und auch die Geduld mit den politischen Prozessen sinke. Sie sei aber noch nicht so weit, dass sie sagen könne, sie habe ihre Arbeit für dieses Land gemacht.