Sie schlachtete zwei Frauen ab, schnitt einer Rentnerin die Kehle durch: Caroline H.* ist die gefährlichste Frau der Schweiz. 2001 wurde die heute 42-Jährige verurteilt und verwahrt, sitzt seitdem im Frauengefängnis Hindelbank in Isolationshaft. Heute steht die zweifache Mörderin vor dem Bezirksgericht Zürich: Mit einer Beschwerde hatte Caroline H. erreicht, dass ihre Verwahrung erneut geprüft werden muss. Sie fordert eine stationäre Massnahme.
Um 8.22 Uhr betritt die Parkhaus-Mörderin in Begleitung von zwei Sicherheitsbeamten und mit Handschellen und Fussfesseln den Gerichtssaal. «Ich fühle mich gerade sehr unwohl», ist ihr erster Satz. Nervös guckt sie sich um, grinst die Zuschauer verlegen an. Äusserlich hat sie sich seit ihrem Prozess 2001 kaum verändert: Die Haare sind immer noch kurz rasiert, die Kleidung burschikos.
Sie will aus der Hochsicherheits-Haft
Viel geschlafen habe sie die letzte Nacht nicht. Der Richter kommt direkt zur Sache: Was sie sich von einer stationären Massnahme erhoffe, will er wissen. «Ich könnte regelmässig in die Gruppentherapie gehen. Im Moment interessiert es niemanden, ob ich das mache oder nicht. Und das würde sich dann ändern», sagt Caroline H.
Ausserdem wolle sie aus der Hochsicherheitsstufe raus. Dort sitzt Caroline H. als einzige Gefangene in Hindelbank. Sie wolle in die Wohngruppe «Integration», «mal einen Film mit anderen gucken». Ihr grösster Wunsch: Gesellschaft.
Momentan schaffe sie fünf Stunden pro Tag mit Holz und Metall – auch dort ist sie isoliert von den anderen Gefangenen. Ihre einzige Freundin: Katze Zeus. Das Tier lebt seit 15 Jahren bei Caroline H. in der Zelle.
«Ich mag Frauen nicht besonders gerne»
Sogar das Thema Freiheit spricht der Richter an. «In einem geschützten Rahmen mit Unterstützung» könne sie sich durchaus vorstellen, wieder in Freiheit zu leben. Dann könne sie auch mit stressigen Situationen besser umgehen. Trotzdem gibt sie zu: «Ich mag Frauen nicht besonders gerne.» Sie würde ihnen aber nichts mehr antun, weil sie keinen Stress wolle.
Caroline H. ist offen. Nur über ein Thema möchte sie nicht gerne sprechen: die Morde. «Immer nur auf das reduziert zu werden, mag ich nicht», sagt sie. Als der Richter fragt, ob sie die Frauen denn umgebracht habe, antwortet die 42-Jährige: «Ich finde, das ist ein schwieriges Thema. Ich bin nicht zu Unrecht verurteilt worden.»
Ob sie sich Gedanken gemacht habe, was ihre Taten für die Angehörigen der Opfer bedeuten, will der Richter wissen. Caroline H.: «Das macht einen schon betroffen. Das lässt mich nicht kalt. Das ist extrem rücksichtslos, wenn jemand nur seine eigenen Bedürfnisse befriedigt. Es macht mich betroffen, dass ich so viel Leid verursacht habe.» Heute weiss sie: «Man soll nichts machen, was man nicht auch selber will.»
Für eine erneute Anhörung sprachen laut der II. Strafkammer «Hinweise auf positive Veränderung bei der Straftäterin». Demnach habe sich die psychische Verfassung von Caroline H. gemäss Gutachten stabilisiert und sie distanziere sich von Gewaltanwendungen.
Staatsanwalt fordert Verwahrung
Trotzdem plädiert der Staatsanwalt weiterhin für eine Verwahrung. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine stationäre Massnahme anschlagen würde, sei zu gering.
Bis heute sei Caroline H. nicht bereit, offen über ihre Tötungsdelikte zu sprechen. Ausserdem zeige auch der neueste Therapiebericht vom 14. Januar 2016, dass sie bis heute sadistische Gedanken habe – und Sadismus könne nicht geheilt werden.
Verteidiger: «Meine Mandantin befindet sich am falschen Ort»
Für den Anwalt von Caroline H. ist klar, dass seine Mandantin stationär behandelt werden müsse. «Die bisherigen Therapien haben gut angeschlagen», sagt er. Ausserdem steht für den Verteidiger fest: «Meine Mandantin befindet sich am falschen Ort.»
Anders als der Staatsanwalt hält er fest, dass Caroline H. in den Therapien aufmerksam, offen und neugierig sei und engagiert mitarbeiten würde. Dass sie ihre sadistischen Gedanken äussere, wertet er als Fortschritt: «Erstmals spricht sie über ihre Gedanken. Das ist ein Quantensprung. Für meine Mandantin würde sich durch eine kleine Verwahrung viel ändern: Endlich hätte sie eine Perspektive.»
So wurde Caroline H. zur Parkhaus-Mörderin
Caroline H. ist erst 18, als sie am 26. Juni 1991 den ersten Menschen tötet. Im Parkhaus Urania ersticht sie von hinten Barbara B.* (†29). «Irgendwie befriedigte mich der Tod der fremden jungen Frau», sagt die Österreicherin 2001 vor Gericht.
Im Januar 1997 schlägt die Parkhaus-Mörderin zum zweiten Mal zu – diesmal am Zürichsee. Beim Chinagarten trifft sie auf Johanna G.* (†61). Sie schneidet ihrem Opfer mit einem Teppichmesser die Kehle durch, sticht danach weiter auf die wehrlose Frau ein. Weil sie sich nicht sicher ist, ob Johanna G. wirklich tot ist, schlägt sie der Frau mit einem 1,3 Kilogramm schweren Stein mehrmals auf den Kopf.
Erst 2001 kommt es zum Prozess
Jahrelang bleibt die Mörderin unentdeckt. Erst als sie am 21. März 1998 die Buchhändlerin Susanna H.* (damals 75) angreift, fliegt sie auf. Susanna H. überlebt die Messerattacke – und identifiziert Caroline H. bei einer Gegenüberstellung.
2001 stand die Parkhaus-Mörderin, die ausserdem mehr als 50 Brände gelegt hatte, schliesslich vor dem Zürcher Obergericht. Das Urteil: eine lebenslangen Zuchthausstrafe und anschliessende Verwahrung.
Letzte Anhörung liegt 5 Jahre zurück
Im vergangenen Oktober hatte sich die II. Strafkammer des Obergerichts aufgrund der neuen Gutachten schliesslich für eine erneute Anhörung ausgesprochen. Ausschlaggebend war ausserdem, dass die letzte Anhörung bereits fünf Jahre zurückliegt. Damals entschieden die Richter, dass die Verwahrung nicht zugunsten einer stationären Massnahme aufgehoben wird.
Mit der Rückweisung vom Obergericht an die erste Instanz, das Bezirksgericht, müssen die Richter diesen Entscheid neu prüfen. Die Entscheidung will das Gericht nächste Woche bekanntgeben. (jvd)
*Namen der Redaktion bekannt