Bei der fasnächtlichen Schnitzelbank kriegen normalerweise Heuchler ihr Fett weg. Bei der St. Galler Fasnacht 2016 war es ein Heuchler, der austeilte: Der wegen Pornografie und versuchter sexueller Handlungen mit Kindern verurteilte St. Galler Ex-Kantonsrat und frühere Lehrer Michael Hugentobler (37) machte einen Witz über pädophile Geistliche – obwohl er selbst ein Pädophiler ist.
«Zwölf Jünger, nöd jünger als zwölf»
Als Priester verkleidet verkündet Hugentobler vor Publikum zusammen mit einem anderen Schnitzelbänkler: Unlängst habe man es wieder einmal gehört. «Das mit üs Pfärrer seg scho unerhört», sagt der Kollege des damaligen CVP-Politikers. Hugentobler übernimmt: «Mit de Meitle und Buebe heged mier do was falsch verstande, Himmel hölf! I de Bible haissis ‹zwölf Jünger› und nöd ‹jünger als zwölf›.»
Das Gelächter im Saal erwidert Hugentobler mit einem Achselzucken und einem breiten Grinsen. Die Scheinheiligkeit ist kaum zu übertreffen: Im gleichen Jahr suchte Hugentobler im Internet Kontakt zu minderjährigen Mädchen, forderte sie zum Masturbieren vor der Webcam auf und schickte ihnen Nacktbilder von sich.
Rechtskräftiger Strafbefehl
Der Politiker ging schliesslich einem verdeckten Ermittler ins Netz, der sich in einem Chat als 13-jähriges Mädchen ausgab. Später wurde Hugentobler per Strafbefehl zu einer bedingten Geldstrafe in der Höhe von insgesamt 18'000 und zu einer Busse von 3600 Franken verurteilt. Im Dezember wurde der Strafbefehl rechtskräftig.
Hugentobler deponierte sein Lehrerdiplom Mitte Juli 2018 bei der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Nach Medienberichten über den Strafbefehl sah er sich schliesslich gezwungen, auch seine politischen Ämter abzugeben und aus der CVP auszutreten.
Der Familienvater gibt sich in einer Stellungnahme reuig: «Es tut mir unendlich leid. Ich habe einen Fehler begangen, den ich nicht rückgängig machen kann, für den ich mich schäme und den ich sehr bereue.»
Berufsverbot wird womöglich doch noch geprüft
Wie das «St. Galler Tagblatt» am Donnerstag schreibt, verzichtete die Staatsanwaltschaft nach dem Abschluss des Strafverfahrens gegen den diplomierten Lehrer auf eine Meldung ans Bildungsdepartement. Laut Staatsanwaltssprecher Roman Dobler war dies rückblickend ein Fehler.
Weil es sich beim Straftatbestand um Sexualdelikte handelt, will das Bildungsdepartement nach Bekanntwerden des Falls nun prüfen, ob der Erziehungsrat gegen Hugentobler ein Verfahren für ein Berufsverbot einleiten muss. (noo)