Ultras wegen Böller-Attacke vor Gericht
«Sekunden später – und meine Beine wären weg»

Zwei Männer aus der Ultra-Szene beschädigten mit verbotenen Knallkörpern in St. Gallen zwei Busse, verletzten vier Personen. Ein Stadtpolizist erinnert sich.
Publiziert: 04.09.2018 um 20:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 13:46 Uhr
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Angeklagter Sven S. * (24) versteckt sich hinter seinem Pullover, als er gestern das Bundesstrafgericht betritt.
Foto: Yvonne Leonardi
Myrte Müller

Auf den Prozessbeginn am Dienstag im Bundesstrafgericht von Bellinzona TI hat Dieter V. * (47) sich gut vorbereitet. Es geht um den Böller-Angriff während der Olma im April vergangenen Jahres. Der St. Galler Stadtpolizist will nicht nur zuschauen. Er will aussagen. Er will anklagen. Er will ein Zeichen setzen. Mit im Gepäck hat er Spickzettel und Fotos von der Videoüberwachung des Tatorts. «Solche Böller-Angriffe müssen bestraft werden», sagt Dieter V., «das sind keine Lappalien.»

Vor dem Richter stehen Sven S.* (24) aus St. Gallen und Robert Z.* (26) aus Gossau SG. Sie haben am 21. April 2017 während der Olma je einen in der Schweiz verbotenen Knallkörper auf eine Bushaltestelle geworfen. Dabei wurden zwei Busse beschädigt und vier Menschen verletzt.

Ihnen wirft die Bundesanwaltschaft unter anderem einfache und mehrfache leichte Körperverletzung vor. Zudem müssen sich die beiden wegen Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht, mehrfacher Sachbeschädigung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte verantworten. 

In der Explosion gehen Scheiben zu Bruch

Die Böllerattacke steckt dem Stadtpolizisten Dieter V.* (47) noch in den Knochen. Er hat am 21. April 2017 während der Olma Dienst, als kurz nach 18 Uhr ein ohrenbetäubender Knall die Bushaltestelle «Olma-Messen» auf der Sankt-Jakob-Strasse erschüttert. Der Druck der Explosion lässt zwei grosse Scheiben in den Bussen bersten. Ein Fahrgast wird durch einen Glassplitter im Rücken verletzt.

Dieter V. eilt herbei. Er regelt den Verkehr, hilft, die Scherben aufzukehren. Da schreit sein Dienstkollege: «Pass auf!» Zu Füssen des Stadtpolizisten landet ein zweiter sogenannter Polen-Böller. In letzter Sekunde springt Dieter V. auf, reisst noch die Hallenchefin mit zur Seite. Da geht der Super-Böller auch schon hoch. Eine 50 Zentimeter grosse Feuerkugel streift den Stadtpolizisten. Dieser weiss heute: «Hätte mein Kollege mich nicht rechtzeitig gewarnt, wären meine Beine weg.»

Angeklagte Böller-Werfer zeigen Reue

Dieter V. erleidet einen Tinnitus, auch eine Bus-Fahrerin und die Hallenchefin müssen mit Gehörschäden zum Arzt. Sie alle sind Privatkläger im Prozess und fordern Schadenersatz. 

Während der Verhandlung zeigen sich Sven S. * (24) und sein Kollege Robert Z.* (26) reumütig. «Ich wusste nicht, wie gefährlich die Böller sind», schwört S., der Fussball-Fan. «Ich wollte niemanden verletzen», bringt sein Kollege Z. kaum hörbar hervor. Beide beteuern kleinlaut: «Es tut uns leid.»

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