Es ist einer der grössten Ostschweizer Brände der jüngeren Vergangenheit: Am 3. August 2015 steigen in Horn TG frühmorgens dicke Rauchschwaden in den Sommerhimmel.
Fünf Lager- und Industriehallen auf dem Raduner-Areal brennen ab, sogar Superpumas des Militärs kommen bei der Löschaktion zum Einsatz (BLICK berichtete). Glücklicherweise sind keine Verletzten oder gar Tote zu beklagen.
Das Inferno von Horn sorgt allerdings für einen Schaden von rund 4,8 Millionen Franken. Und noch während an der Liegenschaft direkt am Bodenseeufer die Flammen lodern, machen erste Gerüchte über eine mögliche Brandstiftung die Runde. Aber erst jetzt, viereinhalb Jahre nach dem Grossbrand bringt die Staatsanwaltschaft Thurgau den mutmasslichen Feuerteufel vor Gericht.
Ernst M. soll Feuer «auf unbekannte Art und Weise» entfacht haben
Der Beschuldigte Ernst M.* (66) war Grossmieter auf dem Raduner-Areal und dort selbst als Restpostenhändler aktiv. Jetzt soll er gemäss der BLICK vorliegenden Anklageschrift für fünf Jahre ins Gefängnis – wegen Brandstiftung und versuchtem Versicherungsbetrug.
Bezüglich des Motivs bleibt die Anklage vage. Auch wie der Brand gelegt wurde, lässt sie offen. Im Dokument heisst es bloss: Ernst M. «entfachte (...) auf unbekannte Art und Weise ein Feuer, welches sich so schnell ausweitete, dass die ganze Halle sowie weitere Gebäude vollständig niederbrannten».
Nachdem von ihm gelegten Brand soll der gelernte Kaufmann gegenüber seiner Versicherung widerrechtlich einen Schaden von 220'000 Franken geltend gemacht haben, so das Dokument.
Anklage basiert auf einer Vielzahl an Indizien
Vertiefte BLICK-Recherchen zeigen nun: Gegen Ernst M. liegt eine Reihe von Indizien vor. Der Ostschweizer hatte in den Monaten vor dem Brand die Versicherungsdeckung seiner Firma zu erhöhen versucht. Ihm war zudem kurz vor dem Brand eröffnet worden, dass er die Raduner-Liegenschaft räumen müsse, da diese abgerissen werden sollte.
Ein hehrer Wunsch, denn die Frist für einen geordneten Auszug soll äusserst kurz bemessen gewesen sein. Ernst M. hatte hingegen geplant, bis zu seiner Pensionierung weiter auf dem Areal zu geschäften. Weil er auch noch unzuverlässige Untermieter hatte, die ihm seinerseits Mieten schuldig geblieben waren, drohte dem Restpostenhändler ein finanzielles Debakel.
Dazu kommt: Am Brand-Tag war Ernst M. frühmorgens als Einziger auf dem Gelände, meldete den Feuerausbruch um 5.29 Uhr gleich selbst. «Es hat noch keine Flammen, aber ‹uhuere› Rauch!», sagt der Angeklagte am Notruf. Die Angaben, die er in dem Gespräch macht, decken sich offenbar nur bedingt mit den Beobachtungen, welche die Einsatzkräfte bei ihrem Eintreffen gemacht haben.
Beschuldigter berichtet: «Es war wie bei James Bond!»
Noch 2015, im Anfangsstadium der Ermittlungen, sitzt Ernst M. während 53 Tagen in U-Haft. Anschliessend werden nicht nur Telefone abgehört; es gelangt gar über mehrere Monate hinweg ein verdeckter Ermittler zum Einsatz.
Gegenüber dem Undercover-Polizist soll der Verdächtige im Laufe der Zeit mehrfach Andeutungen gemacht haben, die auf seine Täterschaft hindeuten. Und sich gar mit einem BLICK-Artikel gebrüstet haben, in dem er erwähnt wird.
Der belauschte M. zu BLICK: «Das war ein wenig wie bei James Bond. Der Ermittler hat sich in der Nachbarschaft in einem Zimmer eingemietet und mit mir und meiner Frau angefreundet. Ständig hat er Räubergeschichten erzählt.» Der Mann habe einen österreichischen Dialekt gesprochen.
Obwohl ihm jetzt fünf Jahre Haft drohen, beharrt Ernst M. auf seiner Unschuld. «Ich bin es schlicht nicht gewesen. Gegen eine Verurteilung werde ich mich wehren – und zwar mit Händen und Füssen!» Ein Termin am zuständigen Bezirksgericht von Arbon TG steht noch nicht fest. Es gilt die Unschuldsvermutung.
*Name der Redaktion bekannt