Ins Altersheim Schäflisberg in St. Gallen darf derzeit niemand rein. 13 Personen sind per Freitag mit Corona infiziert. Ein Mann (†97) ist gestorben. 90 Bewohner befinden sich in Quarantäne. Weitere Testergebnisse stehen noch aus. Ausnahmezustand!
Direktorin Christina Granwehr erfuhr am Dienstag vom ersten Fall. Daraufhin brach sie sofort ihren Urlaub ab, wie sie in einem Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» sagt. Seither sei «ein Fall nach dem anderen dazugekommen» und man hätte entsprechend reagiert.
Kreuzworträtsel, TV und Musik
Die Bewohner müssen vorerst in ihren Ein-Zimmer-Wohnungen ausharren, auch wenn Ausnahmen erlaubt sind. Drei Mal am Tag erhalten sie Essen, Angestellte tragen schon lange Schutzmasken und nun zusätzlich bei Infizierten noch einen Schutzkittel.
Eine Aktivierungstherapeutin schaut bei den Bewohnern vorbei und schlage ihnen beispielsweise vor, ein Kreuzworträtsel zu lösen. Viele würden aber vor allem Musik hören, lesen und fernsehen.
«Haben keine Angst vor dem Sterben»
Die Stimmung im Altersheim Schäflisberg sei trotz allem eigentlich gut. Granwehr zum «St. Galler Tagblatt»: «Der alte Mensch ist da eher gelassen». Viele Bewohner würden Corona und die Infektionszahlen nicht so schlimm finden. «Sie seien schon alt und hätten keine Angst vor dem Sterben».
Ähnlich sei es beim Toten gewesen, einem 97-jährigen Mann. Er sei schwer krank gewesen und habe schon seit längerer Zeit einen Todeswunsch geäussert. Granwehr: «Er ist nicht wegen Corona gestorben. Das Virus hat das Ganze aber beschleunigt. Der Bewohner wünschte keine Spitaleinweisung.»
Granwehr fühlt sich vom Kanton allein gelassen
Eines aber stört die Direktorin dann doch: Die Zusammenarbeit mit dem Kanton. Sie fühlt sich allein gelassen. Am Mittwoch, als sie das Heim dicht machte, habe sie den ganzen Tag Anweisungen vom Contact Tracing erhalten. Danach: Sendepause!
«Seit Donnerstag habe ich gar nichts mehr gehört», sagt sie zum «St. Galler Tagblatt». Man sei zwar professionell aufgestellt und habe schon lange Schutzkonzepte, trotzdem sei es eine grosse Umstellung, gleich ein ganzes Heim unter Quarantäne zu stellen.
Auch die Richtlinien seien teilweise problematisch. Das Alterszentrum ist in drei Häuser aufgeteilt. In jedem arbeiten 25 Mitarbeiter. Steckt sich jemand vom Personal an, muss der Rest in Quarantäne, so will es der Kanton.
Sonderbewilligung beim Kanton beantragt
Granwehr sieht den Sinn dahinter nicht: «Das ist schlicht nicht möglich, da wir unsere Bewohner pflegen und betreuen müssen und nicht über ausreichend Ersatzpersonal verfügen.»
Zu Beginn des Jahres hätte sich schon einmal eine Mitarbeiterin infiziert. Granwehr liess dann alle Angestellten mit Symptomen testen und beantragte eine Sonderbewilligung beim Kanton. Das Team konnte anschliessend weiterarbeiten.
Wie lange die Sondersituation im Schäflisberg noch anhält, kann die Direktorin nicht sagen. Die Bewohner würden die Situation verstehen. Nur mit dem Besuchsverbot hadern einige. Dieses müsse man aber sicher noch bis Anfang nächster Woche aufrechterhalten. Am Montag werde das weitere Vorgehen besprochen. (vof)