Auf einen Blick
- Mann tötet Ehefrau nach Fremdgehen. Staatsanwaltschaft fordert 17 Jahre Haft
- Täter stach achtmal zu und würgte Opfer. Danach duschte und rauchte er
- 44-Jähriger soll nach 17 Jahren Haft für 15 Jahre ausgewiesen werden
Das Gericht bricht die Verhandlung ab!
Der Vorsitzende sagt: «Nach unserer Meinung ist der Sachverhalt in der Anklageschrift falsch, was wesentlich für die Verhandlung ist. Der Angeklagte muss wissen, was ihm vorgeworfen wird.» Es gäbe keine Alternative zur Rückweisung, wenn ein sauberes Verfahren geführt werden soll. Die Anklageschrift wird an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, mit einer Monatsfrist.
Damit beendet Blick an dieser Stelle seinen Liveticker zur Gerichtsverhandlung.
Es geht weiter
Die Entscheidung, ob die Verhandlung weitergeführt wird, steht unmittelbar bevor.
Ratlose Gesichter im Warteraum
Im Warteraum wird angeregt diskutiert. Was genau die Ausführungen des Gerichts, der Anklage und Verteidigung bedeuten, ist niemandem klar.
Jetzt entscheidet das Gericht wie es weitergeht
Wieder wird eine Pause ausgerufen. Das Gericht beratschlagt sich, wie es jetzt weitergehen soll.
Verteidigung äussert sich
Die Verteidigerin sagt: «Als ich die Anklageschrift gelesen habe, bin ich erschrocken! Die Staatsanwaltschaft möchte mit dieser unbrauchbaren Anklageschrift das Strafmass nach oben jagen.» Anderthalb Jahre war «Tötung» der Vorwurf, so die Verteidigerin, erst auf der Zielgeraden - nach der letzten Einvernahme - wäre die Tat zum «Mord» geworden. Es wird klar: Die Verteidigung hatte geplant, diese Fehler an der Verhandlung anzugreifen, dementsprechend verlangt sie keine Präzisierung der Anklageschrift.
Staatsanwaltschaft äussert sich
Die Staatsanwaltschaft sagt: «Die widersprüchlichen Aussagen hätten im Plädoyer thematisiert werden sollen.» Das Gericht wird gleich über das weitere Verfahren entscheiden.
Es geht weiter
Zuschauer und Medien dürfen in den Saal zurück. Gleich geht es weiter.
Ruhige Stimmung unter Zuschauern
Das Publikum im Aufenthaltsraum unterhält sich ruhig und wartet auf den erneuten Einlass. Ob die Verhandlung aufgrund der fehlerhaften Anklageschrift heute überhaupt noch weitergeht, ist im Moment unsicher. Die Fehler seien «wesentlich» für die weitere Verhandlung, Machte der Vorsitzende deutlich.
Mord oder Totschlag?
Die Staatsanwaltschaft beratschlagt sich immer noch unter Ausschluss des Publikums. Die Kritikpunkte des Vorsitzenden richten sich im Speziellen darauf, ob das Opfer noch lebte, als der Angeklagte von ihr abliess. Die Einvernahmeprotokolle passen offenbar nicht zu den Vorwürfen in der Anklageschrift. So habe das Opfer laut Anklage noch geatmet, als er aufhörte, sie zu würgen. Der Blutverlust, der in der Obduktion beschrieben wird, würde diesen Punkt nicht stützen. Das sei, laut dem Vorsitzenden, aber entscheidend, wenn es um das Strafmass geht. Neben dem angeklagten Tatbestand Mord würde auch Totschlag als Delikt infrage kommen.
Anklageschrift weist Fehler auf
Der Vorsitzende kritisiert die Anklageschrift. Insbesondere die chronologische Abfolge der Ereignisse, sei nicht klar definiert. Der Vorsitzende weist die Anklageschrift zurück an die Staatsanwaltschaft. Es gibt eine 15-minütige Pause.
Am 14. April 2023, kurz nach 11 Uhr klingelte bei der Notrufzentrale im Kanton Thurgau das Telefon. Am Hörer: Visar H.*, heute 44 Jahre alt. Der Mann gab an, soeben seine Frau tödlich verletzt zu haben.
Die Beamten fanden an diesem Freitag am Wohnort der 5-köpfigen Familie die tote Ehefrau von Visar H., Zana H.* (†39) vor. Der mutmassliche Täter liess sich vor dem Haus «widerstandslos festnehmen», sagte damals ein Polizeisprecher gegenüber Blick.
Nun sitzt Visar H. auf der Anklagebank – der Vorwurf lautet auf Mord. Neue Details aus der Anklageschrift sollen belegen, wie skrupellos der Täter vorgegangen sein soll. Demgemäss soll Visar H. an diesem Morgen «gekränkt» und «gedemütigt» gewesen sein.
Denn seine Frau Zana H. soll ihm fremdgegangen sein – mehrmals. Am Morgen des 14. April habe er in der Wohnung in Erlen TG ein «circa 16,5 Zentimeter langes Küchenmesser» in die Hand genommen. Damit soll er auf seine Noch-Ehefrau in der Küche losgegangen sein.
Achtmal auf sie eingestochen – dann gewürgt
Insgesamt acht Mal habe Visar H. auf seine Frau eingestochen. Die verstorbene Frau hatte unter anderem Verletzungen an der Brust, auf der Seite und an der rechten Wade.
Nach dem Angriff mit dem Messer sei der Mann auch mit den Händen auf seine Ehefrau losgegangen. «Er packte sie am Hals und würgte sie derart stark, dass sie mindestens Abbrüche vom Zungenbein und des Schildknorpelfortsatzes erlitt», so die nüchterne Beschreibung der Staatsanwaltschaft.
Obwohl seine Frau noch hustete, habe ihr Ehemann keine Hilfe geleistet. Stattdessen habe er erst einmal eine Dusche genommen. Danach sei er in die Garage gegangen und habe dort das Mobiltelefon seiner Frau geholt, welches er unter dem Sitz seines Motorrads versteckt gehalten haben soll.
Nach der Tat hat er auf dem Sofa geraucht
Daraufhin habe er auf dem Sofa im Wohnzimmer Platz genommen, Zigaretten geraucht und Kaffee getrunken. Zudem sei er das Handy seiner Partnerin durchgegangen, um «ihre ausserehelichen intimen Kontakte zu sichten», so die Anklage.
Einige Zeit später habe der Beschuldigte seinen Bruder und einen Kollegen angerufen und ihnen von der Tat erzählt. Gleichzeitig sei seine Frau auf dem Küchenboden ihren schweren Verletzungen erlegen. Die 39-Jährige starb gemäss Staatsanwaltschaft an zwei kollabierten Lungenflügeln und starkem Blutverlust. «Nachdem er sich sicher war, dass seine Frau tot war, avisierte er schliesslich die Kantonspolizei Thurgau», so die Anklageschrift.
Für die Familie von Zana H. ist dieses Zuwarten des Beschuldigten unverständlich. «Hätte er gleich mit einem Notruf reagiert, hätte sie vielleicht noch gerettet werden können», sagt eine Verwandte zu Blick. «Stattdessen stach er mehrmals zu und liess Zana kaltblütig sterben. Er behandelte sie wie Dreck!» Für die Verwandte steht fest: «Visar hat es genossen, ihr beim Sterben zuzusehen. So konnte er ihr ein letztes Mal seine Dominanz zeigen.»
Was der Verwandten am meisten zu schaffen macht: «Er behauptet Dinge über Zana und sie kann sich nicht einmal verteidigen!» Die Fremdgehanschuldigungen machen gemäss der Verwandten auch den drei Töchtern des Paares zu schaffen. «Sie hassen ihren Vater für die Tat. Sie hassen ihren Vater für das Bild, das er über ihre Mutter zeichnet. Sie wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben.»
17 Jahre Knast gefordert
Auch für die Anklage ist klar: Es war Mord. Wenn jemand mordet, dann «handelt der Täter besonders skrupellos», so die Staatsanwaltschaft. «Sind sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren», heisst es in der Erklärung des Straftatbestandes.
So fordert die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 17 Jahren – unter Anrechnung der Tage, die er bereits in Untersuchungshaft abgesessen hat und jetzt im vorzeitigen Strafvollzug absitzt. Nach dem Gefängnis soll der heute 44-jährige Visar H. für 15 Jahre des Landes verwiesen werden.
Auch die Verwandte spricht sich für eine «gerechte Strafe» aus. «Ob 17 Jahre für so ein kaltblütiges Vorgehen genug sind, weiss ich nicht.»
Eine Anfrage bei der Anwältin des Beschuldigten ist noch hängig. Für den Beschuldigten gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.
Die Mordverhandlung gegen Visar H. beginnt am Dienstagmorgen um 8 Uhr vor dem Bezirksgericht Weinfelden. Blick ist live mit dabei.
* Namen geändert