Anfang April erreicht das Ehepaar Edith (45) und Michael Tritschler (48) ein Brief, der dem Paar seither keine Ruhe mehr lässt. Darin teilt ihnen die Gemeinde Tobel-Tägerschen TG mit, dass sie mit der Überarbeitung der Schutzpläne für Natur- und Kulturobjekte begonnen hat. Konkret heisst das: Sie will im Ortskern gewisse Gebäude unter Schutz stellen.
Auch das Wohnhaus der Tritschlers soll mit dem Schutzstatus «wertvoll» versehen und in das Inventar der Denkmalpflege aufgenommen werden. Die Gemeinde schreibt dazu: «Das Haus steht an einer Gelenkstelle im Dorf, an der zentralen Kreuzung. Es hat neben seinem beachtlichen Einzelwert einen ausserordentlich hohen Stellenwert.» Was nach schönen Komplimenten für das Zuhause der Tritschlers klingt, ist für das Paar viel eher eine Ankündigung für jede Menge Ärger.
Denn Edith und Michael Tritschler möchten gar nicht, dass ihr Haus in das Inventar der Denkmalpflege aufgenommen und geschützt wird. «Wir möchten nicht, dass uns der Kanton und die Gemeinde bei unserem Eigentum dreinreden.»
Das Haus der Tritschlers ist zwar fast 300 Jahre alt, es wurde gemäss der Denkmal-Datenbank des Kantons Thurgau bereits 1743 zum ersten Mal erwähnt. Aber, so das Ehepaar Tritschler: «Unser Haus ist weder architekturhistorisch besonders speziell, noch hat je eine berühmte Person darin gewohnt.»
Viel Geld ins Haus gesteckt
Die Familie Tritschler lebt seit 21 Jahren in dem Haus und hat in dieser Zeit bereits viel Geld in den Umbau gesteckt – immer unter Einhaltung der geltenden Bauvorschriften, wie sie betonen. «Wir haben uns damals ja bewusst für das alte Haus entschieden. Und möchten auch von uns aus die alte Substanz erhalten, dafür brauchen wir aber nicht den Denkmalschutz», sagt Edith Tritschler. «Wir kämen auch nie auf die Idee, irgendwelche Rollläden anzubringen.»
So haben sie bereits im ganzen Haus Sprossenfenster eingebaut, ohne dass sie das hätten tun müssen. Sie haben zudem für die nahe Zukunft weitere Arbeiten am Haus geplant und möchten etwa ihre Terrasse überdachen. Ob das nun noch möglich sein wird, wissen sie nicht.
«Haus wird an Wert verlieren»
Tatsächlich würde der Schutzentscheid das Ehepaar Tritschler wohl nicht nur bei künftigen Bauvorhaben einschränken. Die beiden befürchten nämlich, dass er auch Auswirkungen auf den Wert des Gebäudes hätte. «Dieser Entscheid wird für uns bestimmt einen massiven Wertverlust bedeuten. Zudem verkleinert er auch die Gruppe potenzieller Käuferinnen oder Käufer. Denn: Wer will schon ein Haus kaufen, an dem er dann nicht Dinge nach seinem Geschmack umbauen kann?», sagen die Tritschlers.
Eine Einschätzung, die Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbands Schweiz, nachvollziehen kann. «Eine Unterschutzstellung schränkt die Nutzungsmöglichkeiten ein und verursacht deshalb in der Regel einen Wertverlust», sagt er. «Sie ist das Schreckgespenst eines jeden Hauseigentümers. Seine Handlungsfreiheit betreffend Ausbau und Veränderungen der Liegenschaft wird beschnitten, und die Unterhaltsaufwendungen erhöhen sich.»
Ende April hat die Gemeinde die betroffenen Eigentümer über ihre Schutzpläne informiert – nun läuft das «Mitwirkungsverfahren». Das Ehepaar Tritschler hofft, dass es mit seinen Einwänden die Gemeinde doch noch zum Umdenken bringen kann.