Drei Wochen lang galt Andrea A.* (†43) aus Untereggen SG als vermisst. Drei Wochen lang spielte Ueli A.* (53) den besorgten Ehemann. Dann fanden die Ermittler die Leiche der 43-jährigen Mutter.
Sie lag in einem Schacht hinter dem Haus der Familie. Mit einem Hammer bewusstlos geschlagen und mit einem Plastiksack und zwei Kabelbindern erdrosselt – von ihrem eigenen Ehemann!
Vergangenen März verurteilte das Kreisgericht Rorschach den 53-Jährigen wegen vorsätzlicher Tötung zu 15 Jahren Knast. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft zogen das Urteil weiter.
Das Kantonsgericht St. Gallen muss heute beurteilen, ob es sich bei der Tat um Mord, vorsätzliche Tötung oder Totschlag handelt. Die Anklage fordert eine Freiheitsstrafe von 17 Jahren wegen Mordes. Die Verteidigung eine Verurteilung wegen Totschlags.
«Ich konnte nicht mehr bremsen»
Der Prozess beginnt am Morgen mit der Befragung des Angeschuldigten. Ueli A. erinnert sich zurück an den 3. Dezember 2011: «Ich bin plötzlich aufgewacht, habe geschnauft und geschwitzt. Ich bin in die Küche, habe etwas getrunken. Plötzlich hab ich nur noch Angst gehabt. Ich meinte, ich müsste die Kinder vor meiner Frau beschützen. Ich konnte nicht mehr bremsen. Und dann hab ich es gemacht.» Die drei gemeinsamen Kinder schliefen derweil friedlich in ihren Betten.
Die Ehe galt als zerrüttet, beide Eheleute waren in einer neuen Beziehung, die Trennung stand kurz bevor. Als Grund, warum er seine Kinder schützen wollte, sagt er: «Sie hat unsere Kinder gezwungen, unnötige Sprays und Pillen einzunehmen. Das hat mir Sorgen gemacht. Sie hat die Kinder als Versuchspersonen genommen.»
Für Staatsanwalt Carlo Frei ist dagegen klar: «Der Angeklagte war von Hass, Zorn und Frustration besessen.» Ueli A. habe seiner Frau und deren neuen Freund die Schuld daran gegeben, dass seine heile Welt in die Brüche ging. Ausserdem konnte er seiner Frau ein gutes Leben nicht gönnen, das sie sich mit seinen Geld hätte machen können. Im Falle einer Scheidung hätte Ueli A. von seinem Gehalt von 10'000 Franken 5900 Franken für Kinder und Frau abgeben müssen. «Er hatte vor, seine Frau einfach verschwinden zu lassen», so Frei in seinem Plädoyer. «Er begnügte sich nicht damit, den Tatort zu säubern und die Leiche zu entsorgen, sondern legte sogar falsche Spuren.»
Für Verteidiger Andreas Fäh ist die Tat «mit Sicherheit keine gezielte Rache, sondern eine krasse Überreaktion». Denn: Im Vergleich zu Ueli A.s sonstigen Fähigkeiten sei die Tötung schlecht geplant gewesen. Sein Klient habe sich einem hohen Entdeckungsrisiko ausgesetzt.
Im Knast ist ihm nicht wohl
Seit März 2012 sitzt Ueli A. im vorzeitigen Strafvollzug. Über die Zeit im Knast sagt er: «Ich muss an einem Ort leben, wo mir gar nicht wohl ist. Ich habe angefangen, Gitarre zu spielen und zu lesen.» Er habe seinen Kindern geschrieben. «Sie haben mir Briefe, Fotos und Zeichnungen geschickt und mich besucht.»
Schon jetzt schmiedet der 53-Jährige Pläne für die Zeit nach seiner Haft. «Ich möchte wieder in den Sportclub gehen und als Trainer arbeiten.» (jvd/mad/sda)
*Namen der Redaktion bekannt.